Hanno Settele.

Foto: Screenshot/ORF-TVThek

Die Ratingagentur Standard & Poor's sitzt in New York, und in Washington hat ORF-Korrespondent Hanno Settele sein Zelt aufgeschlagen. Geografische Nähe zu Bonitäts-Hellsehern garantiert indes keine Tuchfühlung mit deren Motiven. Und: Auch der Zeitpunkt der Verlautbarung, Standard & Poor's würden das Rating von 15 EU-Staaten unter Beobachtung stellen (negativer Ausblick), war eine Gemeinheit.

22.00 Uhr unserer Zeit! Hätte die nicht warten können, bis die ZiB 24 vorbei ist und Moderator Roman Rafreider im Bett? In solch heikler Ausgangslage (kurze Recherche- und Nachdenkzeit) entwirft ein Settele allerdings (wie immer) Analyse-Momente von herb-eigentümlichem Charme, deren Erkenntnisgehalt sekundär wird. Wie gefährlich ist diese Drohung der Ratingtypen? "Ob das gut oder schlecht ist, das weiß der Himmel! Ich habe nicht die Aufgabe, Standard & Poor's einzuschätzen!" Ist das Timing der Verlautbarung (knapp vor dem EU-Gipfel) nicht boshaft? "Ich glaube, man sollte aufpassen, bevor man eine Verschwörungstheorie unterschreibt. Sollen sie bei uns nachfragen, wann es uns recht wäre, dass sie ihre Meinung veröffentlichen? Dann kommen wir bis 2025 auf keinen Termin! Bei der Gipfeldichte, die an den Tag gelegt wird, ist es immer vor, während oder nach einem Gipfel!"

Das mag sich nicht so spektakulär lesen. Wer allerdings live Setteles Tonfall eines hemdsärmligen Kleinstadt-Sheriffs erlauscht, der genießt gewiss seinen Heiterkeitsbonus. Rafreider war sogar tief beeindruckt, dankte für die "messerscharfe Analyse". (Ljubiša Tošić/DER STANDARD; Printausgabe, 7./8.12.2011)