Paris - Angehörige der Opfer und Menschenrechtsaktivisten haben zuletzt die Tage gezählt bis zur Auslieferung des früheren panamaischen Machthabers Manuel Noriega. Am Sonntag war es dann so weit: Der 77-Jährige startete von Paris in einer Maschine der spanischen Fluglinie Iberia Richtung Heimat. Nachdem der Ex-General in der französischen Hauptstadt anderthalb Jahre in Haft saß, wartet im mittelamerikanischen Panama eine Zelle im Gefängnis El Renacer auf ihn.
Zu Hause muss der 77-Jährige sich wegen der Verschleppung und Ermordung von Oppositionspolitikern in den 80er Jahren verantworten, als er der "starke Mann" des Landes war. "Er soll die Wahrheit sagen über die ganzen Morde und Menschenrechtsverletzungen, die passiert sind. Nur dann kann Panama das Kapitel abschließen", forderte die panamaische Menschenrechtsbeauftragte Patricia Portugal im Frühjahr.
Schon als junger Offizier wurde Noriega, der aus einer armen Familie stammt, vom US-Geheimdienst CIA angeworben. Ausgebildet wurde der spätere Geheimdienstchef an der als Diktatorenschmiede verrufenen US-Armeeschule School of the Americas in der Panamakanalzone, die bis 1999 von den USA verwaltet wurde. Mehr als 320.000 Dollar soll Noriega bis 1986 für seine Dienste vom US-Geheimdienst erhalten haben.
Zum "starken Mann" Panamas rückte er 1983 auf, nachdem der damalige Militärmachthaber Omar Torrijos bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war, mit dem Noriega in Verbindung gebracht wurde. Bis 1989 bestimmte Noriega dann die Geschicke Panamas - nie als Präsident, aber als General, der über Strohmänner im Präsidentenpalast regierte.
Von seiner Schutzmacht USA, für die Panama nicht zuletzt aufgrund des Kanals zwischen dem Atlantik und dem Pazifik strategisch wichtig ist, hatte sich Noriega da schon längst entfernt. Der Vorwurf des Drogenhandels für das kolumbianische Medellín-Kartell tauchte in den 80er Jahren massiv auf, auch gab es Streit um die Kontrolle des Panama-Kanals. Doch Noriega, der in Lateinamerika wegen seiner Pockennarben auch abfällig "Ananasgesicht" genannt wird, ließ sich weder von US-Sanktionen noch von Massendemonstrationen beeindrucken.
Am Ende war für die USA das Maß voll: Am 20. Dezember 1989 marschierten US-Truppen in dem kleinen Land ein. Noriega flüchtete in die Botschaft des Vatikan. Die US-Truppen umstellten das Gebäude und beschallten es Tag und Nacht mit unerträglich lauter Heavy-Metal-Musik. Nach zehn Tagen gab der Mann auf, der das Land jahrelang mit eiserner Hand geführt hatte.
Die US-Armee flog ihn nach Miami im Bundesstaat Florida aus, wo er wegen Drogenhandels und Geldwäsche zu 40 Jahren Haft verurteilt wurde. Die Strafe wurde später wegen guter Führung verringert. Schließlich saß er 20 Jahre wegen seines Status als Kriegsgefangener in einer 25 Quadratmeter großen Einzelzelle ab, die wegen ihrer großzügigen Ausstattung die "Präsidenten-Suite" getauft wurde. Im April vergangenen Jahres lieferten ihn die USA an Frankreich aus.
In Paris folgte vor einem Jahr die Verurteilung zu sieben Jahren Gefängnis, weil Noriega in den 80er Jahren rund 2,3 Millionen Euro Drogengelder in Frankreich gewaschen hatte. Doch der General verbüßte nur einen Teil der Strafe, Ende November gab Frankreich grünes Licht für eine Auslieferung nach Panama. Zu Hause wurde er in Abwesenheit bereits zu langjähriger Haft verurteilt, nun muss sich der berüchtigte General womöglich wegen weiterer Taten verantworten. "Das Land wird sich spalten und die Wunden werden wieder aufreißen", sagte Carmenza, die Schwester des unter Noriega ermordeten Arztes und Politikers Hugo Spadafora. (APA)