Die Wiener Freiheitlichen werden sich in den nächsten Tagen in den Parks tummeln, in Hundeschulen, auf Hundewiesen, überall dort, wo Menschen ihre treuen Gefährten Gassi führen. Sie werden Vierbeiner streicheln, ihnen Leckerlis geben, mit deren Herrchen und Frauchen sprechen. Über Hunde, über die Stadt, über die Welt - und schließlich werden sie den Hundehaltern Sammelkarten mit FPÖ-Logo in die Hand drücken. "Viele Hundebesitzer, darunter vor allem Kinder, sammeln die Sujets. Tenor: 'Die Hunde sind so herzig!'", schreiben die Freiheitlichen auf ihrer neuen Homepage. Die Seite heißt: einherzfuerhunde.at.
In den vergangenen Tagen sind die Wiener Freiheitlichen auf die Hundebesitzer gekommen, eine Zielgruppe, die laut dem Statistikreferat der Stadt Wien rund 52.000 Menschen umfasst. Das ist die Zahl der offiziell gemeldeten Hundebesitzer, die Dunkelziffer ist wohl höher - es ist jedenfalls ein Wählerpotenzial von vier Prozent aufwärts.
FPÖ-Hundestammtische
Veronika Matiasek, Wiener Stadträtin und Tierschutzsprecherin, hat die blaue Wir-haben-Hunde-lieb-Aktion aus zwei Gründen ins Leben gerufen: Erstens, weil die rot-grüne Stadtregierung die Hundeabgabe erhöhen will. Zweitens, weil die Freiheitlichen in Gesprächen mit der Bevölkerung bemerkt hätten, dass das Thema viele Menschen bewege. Schon vor der Wiener Wahl 2010 habe die FPÖ "Hundestammtische" in knallvollen Sälen abgehalten, "ich wünschte mir, dass jeder Stammtisch so gut besucht wäre", sagt Matiasek, der nächste sei bereits geplant.
"Diese Aktion ist natürlich auf Hundehalter und Hundefreunde abgestellt", sagt Tierfreundin Matiasek, die selbst kein Haustier hat, weil ihr dafür aus familiären Gründen die Zeit fehle. Sie sagt: "Naturschutz und Tierschutz sind seit langem im FPÖ-Parteiprogramm fest verankert und haben für uns einen großen Stellenwert."
Aus dem Lehrbuch für Political Campaigning
Peter Hajek, Politikberater und Meinungsforscher, sagt: "Was die FPÖ macht, ist wie aus dem Lehrbuch für political campaigning. Sie fragt sich: Wo gibt es potenzielle Wählergruppen, wie schauen sie aus und wo ist deren emotionaler Anker." So wie SPÖ und ÖVP das Feld der Pensionisten beackere und die Grünen die Radfahrer umgarnen, hätten die Blauen nun eben unter anderem die Hundehalter für sich entdeckt. Und der emotionale Anker ist mit dem besten Freund des Menschen nicht der schlechteste.
Maggie Entenfellners Gesicht steht in der Kronen Zeitung symbolhaft für die Tiefreundlichkeit des Blattes, der Erfolg der auflagenstärksten Zeitung des Landes begründet sich nicht zuletzt auch auf die Dauerbespielung dieses streichelweichen Themas. "Emotionen und Tiere bewegen die Menschen", sagt Entenfellner. "Das Thema Tiere wird immer wichtiger." Ende November hat sie einen Scheck bekommen, von der FPÖ, 15.000 Euro stand darauf, im Dezember lachte Parteichef Heinz-Christian Strache mit Generalsekretär Harald Vilimsky und Entenfellner aus der Krone.
Straches kleine Haustiere
Die FPÖ unterstützte Entenfellners Kampagne, in der sie für ukrainische Streuner sammelte. Ob die blaue Spende ehrlich gemeint war oder ob Strache nur PR machen wollte, beantwortet Entenfellner so: "Das hinterfrage ich nicht. Ich kann nicht in Personen hineinschauen. Aber wenn er dafür Geld aus der Werbekassa nimmt und damit auch einen PR-Auftritt hat, dann halte ich das für legitim." Strache sei jedenfalls gut informiert gewesen und habe auch "ganz lieb von seinen kleinen Haustieren" erzählt. Nach dem Treffen mit Entenfellner postete Strache an seine 105.000 Fans herzerwärmende Unterstützungserklärungen Richtung Krone-Tierecke.
Generalsekretär Vilimsky weist zurück, dass der Einsatz für die ukrainischen Hunde ein PR-Schmäh war. "Wir hätten mit dem Geld ja auch irgendwo inserieren können. Die Spende ist von ehrlichem Bemühen getragen und ist als reiner Tierschutz gedacht. Aber 'Tue Gutes und rede darüber' ist eine Grundregel der Kommunikation. Das ist nichts Schlechtes."
Falsche Fotos, falsche Informationen
Entenfellners Hilfsaktion ist mittlerweile ins schlechte Licht gerückt. Der Medien-kritische Blog "Kobuk" deckte auf, dass die Krone-Journalistin beim Spendenaufruf mit falschen Fotos und falschen Informationen hantierte, das Problem der streunenden Hunde in der Ukraine zum Skandal hochspielte und medienwirksam ausweidete. In der Krone-Leserschaft konnte die FPÖ ihr Image als tierliebe Partei dennoch aufpolieren.
Ein Widerspruch bleibt: Während die FPÖ mit dem Slogan "Unser Geld für unsere Leut" haussieren geht und sich mit aller Kraft gegen die Griechenlandhilfe stemmt, gilt das nicht für Hilfe, wenn sie ausländischen Hunderudeln zugute kommt. Warum diese Inkonsequenz? "Ich sehe das Problem der Straßenköter in Österreich nicht", erklärt Tierfreund Vilimsky. Österreichische Tierheime seien zwar vielleicht nicht optimal, aber von öffentlicher Hand und privaten Spenden gut bedacht. "Aber wir haben auch schon für österreichischen Tierschutz gespendet", sagt Vilimsky.
Hunderassen nicht diskriminieren
Die blaue Charmeoffensive der Wiener FPÖ beginnt in den nächsten Tagen und ist laut Matiasek mit ernsthaften politischen Absichten verbunden. "Die Stoßrichtung ist, dass wir eine volle Überarbeitung des Hundeführscheins wollen", sagt Matiasek. Hundehaltung solle bundesweit gleich geregelt sein, die Hundeabgabe solle neu gestaltet werden und bei Härtefällen - bei der Aufnahme von Hunden aus dem Tierheim etwa - gesenkt werden.
Und ganz wichtig: Der Hundeführschein müsse für alle Rassen gelten, nicht nur für jene, die als Kampfhunde kategorisiert wurden. Denn diese Rassen würden in Scharen in Tierheimen landen, in der sie dann als unvermittelbar gelten. Kurz: Man dürfe einzelne Hunderassen nicht diskriminieren. (Benedikt Narodoslawsky, derStandard.at, 14. 12. 2011)