Die Wiener Jugend ist antisemitisch, Türken-feindlich und einige unter ihnen finden, dass "Hitler auch viel Gutes getan hat". Außerdem halten die Jungen nichts von sozialer Gerechtigkeit. Soweit die erschreckenden, kurz zusammengefassten Ergebnisse der aktuellen Studie des Instituts für Jugendkulturforschung.

Die Befragung wurde online und anonym durchgeführt, die Antworten waren vorgegeben: Die 400 befragten Jugendlichen mussten also lediglich ihren Zustimmungsgrad angeben. Die Kritik an den Methoden der empirischen Sozialforschung sollte den Experten überlassen werden. Darüber, wie repräsentativ und zuverlässig diese Ergebnisse sind, lässt sich tatsächlich streiten. Tatsache ist aber, dass sie auf Tendenzen hinweisen, die auch Laien und die sogenannten Normalbürger längst beobachten und kommentieren: Unserer städtische Jugend ist konservativ, fremdenfeindlich und nicht zu vergessen vor allem verunsichert und verängstigt.

Gratis- und Boulevardzeitungen sowie das Internet prägen, unter anderem den urbanen, jugendlichen Zeitgeist. Medienerziehung oder medienkritische Bildung, die regulierend und begleitend wirken könnte, ist in unserem Bildungssystem nicht vorhanden. Das gilt auch für umfassende politische Bildung, die vor den populistischen Aufschreien schützen und zu mündigen WählerInnen machen sollte. Dass sich die Gesellschaft verändert und ethnische diverser wird, erfahren die Jugendlichen auch nicht in der Schule, wo etwa die Geschichte der Einwanderung gelehrt werden könnte. Sie erfahren davon lediglich aus verhetzenden medialen Berichten, die Ängste schüren und Klischees reproduzieren.

In einer Gesellschaft, die sich mitten Umbruch befindet, kann man von 14- bis 19-Jährigen nicht erwarten, dass sie solidarisch, ausgeklärt und sozial gerecht denken und handeln, wenn diese Werte ihnen nicht vermittelt oder vorgelebt werden. Dass Migration ein zeitloses Phänomen und kein Problem ist, muss ein Teil der schulischen Bildung werden. Damit das nationalsozialistische Gedankengut nicht in die nächste Generation getragen wird, muss auch siebzig Jahre danach massive Aufklärungs- und Präventionsarbeit geleistet werden. Damit das Zusammenleben in einer ethnisch diversen und von Migrationsbewegungen geprägten urbanen Gesellschaft nicht von Neid und Angst bestimmt wird, darf sich Integrationspolitik nicht in Aufrufen nach "mehr Leistung" erschöpfen.

In der besagten Jugendstudie wurden die jungen WienerInnen übrigens nicht nach jenen mit Migrationshintergrund und jenen ohne getrennt. Denkt man den hohen Anteil an jungen Menschen mit Migrationsbiografien mit, stellt sich natürlich, die Frage, ob die vorgestellten Ergebnisse auch auf sie zutreffen. Eine Folgestudie wäre wünschenswert. (Olivera Stajić, 15. Dezember 2011, daStandard.at)