Bild nicht mehr verfügbar.

Die New York Stock Exchange bei Nacht.

Foto: Reuters/East
New York - Die Bezüge des Vorsitzenden der New York Stock Exchange (NYSE) und anderen Spitzenfunktionären der weltweit führenden Aktienbörse werden künftig kein Geheimnis mehr sein. Darauf hat sich das NYSE-Direktorium in der Nacht zum Freitag geeinigt.

Nach den Bilanzskandalen der letzten Jahre hatte die NYSE zwar für börsenotierte Unternehmen schärfere Auflagen erlassen, im eigenen Hause aber wenig Ordnung geschaffen. Mit dem Zehn-Punkte-Plan sollen Interessenkonflikte an der NYSE vermieden und die Transparenz der Geschäftsführung verbessert werden.

So darf im Rahmen des neuen Regelwerkes keines der 27 Mitglieder des Direktoriums künftig im Verwaltungsrat von Gesellschaften sitzen, deren Aktien an der Börse notiert sind. Ausgearbeitet wurden die Regeln von einem Ausschuss unter dem Vorsitz des Leiters für das Rechnungswesen der Stadt New York, H. Carl McCall, und dem NYSE-Ko-Vorsitzenden und Stabschef des früheren US-Präsidenten Bill Clinton, Leon Panetta.

Kritik über Geheimniskrämerei

Zuvor war in den USA Kritik über die Geheimniskrämerei in punkto Gehälter der Mitglieder des NYSE-Direktoriums laut geworden. Im Mittelpunkt der Kontroverse steht Vorsitzender Richard Grasso: Der 56 Jahre alte Saubermann der Börse soll im vergangenen Jahr 12 Mio. Dollar (10,19 Mio. Euro) und im Jahr zuvor mehr als 15 Mio. Dollar an Bezügen kassiert haben, obwohl der Posten eigentlich nach den Richtlinien des öffentlichen Dienstes bezahlt werden sollte. Die Ko-Präsidenten Robert Britz (52) und Catherine Kinney (51) haben dem Vernehmen nach 2002 je 4 Mio. Dollar eingesteckt.

Im Rahmen des neuen Regelwerks dürfen ab Jänner Manager von Maklerunternehmen, die von der NYSE kontrolliert werden, nicht dem sechsköpfigen "Compensation Committee" angehören, das die Gehälter der obersten NYSE-Funktionäre festlegt. Einige Punkte wurden sofort umgesetzt. So scheidete Grasso aus dem Verwaltungsrat der Heimwerkerkette Home Depot aus, die an der NYSE notiert. Britz verließ den Aufsichtsrat des Werkzeugherstellers Stanley Works und Kinney schied aus dem der Versicherungsgesellschaft MetLife aus.

Seit 121 Jahren hat die NYSE die Gehälter ihrer Spitzenleute wie Staatsgeheimnisse behandelt und in Corporate Governance-Fragen hinkt sie hinter börsennotierten Unternehmen her. Mit dem Erlass der 10 Punkte reagierte die Leitbörse auf die wachsende Kritik an der mangelnden Selbstkontrolle des führenden Börsenplatzes. Im Februar hatte die NYSE eine Überprüfung ihrer Corporate-Governance-Regeln angekündigt. Eine entsprechende Anweisung gab die US-Wertpapier-und Börsenkommission (SEC) der NYSE und der elektronischen Nasdaq-Börse im März.

Etliche Enthaltungen

Kurz danach schaltete sich der New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer ein. Laustark wetterte er gegen Grassos Absicht, ausgerechnet den Vorstandschef der Citigroup, Sanford Weill, in den Verwaltungsrat der NYSE zu holen. Zuvor war der weltweit größte Finanzdienstleister wegen Interessenkonflikten bei seiner Citigroup-Tochter Salomon Smith Barney ins Fadenkreuz der Kritik geraten. Grasso musste Weills Nominierung zurück ziehen.

Trotz allem erfolgte die Annahme der neuen Regeln nicht einstimmig. Etliche Mitglieder hätten sich enthalten, sagte Panetta. Spitzer pries die zehn Punkte als gute erste Maßnahmen, die dazu beitragen werden, das Vertrauen der Anleger zu stärken. Ein weiterer Punkt ist die Spaltung des Ausschusses für Revision und Finanzen in zwei getrennte Gremien, wobei dem Revisonsausschuss nur Mitglieder angehören dürfen, die nicht aus dem Wertpapiergeschäft kommen. Ein ständiger Governance-Ausschuss wird geschaffen, dessen Mitglieder mehrheitlich von außerhalb der Wertpapierbranche kommen müssen.

Albright ins Direktorium

Mit sofortiger Wirkung wurde am Donnerstag auch Kenneth Langone von McCall als Vorsitzender des Gehaltsausschusses abgelöst. Langone ist Mitgründer von Home Depot und Vorsitzender einer Investmentbank. Die Spitzenmanager der Investmenthäuser Goldman Sachs Group und Bear Stearns Cos, Henry Paulson bzw. James Cayne, traten ebenfalls als Mitglieder des Gehaltsausschusses zurück.

Die übrigen Mitglieder sind Jürgen Schrempp, Vorstandschef der DaimlerChrysler AG, der frühere Chef des Medienkonzerns AOL Time Life, Gerald Levin, Viacom-Präsident Mel Karmazin und der Vorstandschef von BlackRock, Lawrence Fink. Nach Mitteilung der NYSE haben die insgesamt 1.366 Mitglieder am Donnerstag sechs neue und sechs amtierende Mitglieder in das Direktorium gewählt. Zu den neuen gehört die früherer amerikanische Außenministerin und UNO-Botschafterin Madeleine Albright.(APA)