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Direktor Robert Meyer als Sklave Pseudolus.
Wien - Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Obersklave der Wiener Volksoper, Direktor Robert Meyer, für die Hauptrolle im Musical Die spinnen, die Römer! eine Idealbesetzung gefunden hat - nämlich sich selbst. Wie er etwa als unfreier Pseudolus unter Einfluss eines Liebestranks sein Unbewusstes samt verborgenen Wünschen an die Bühnenöffentlichkeit zerrt ("Schlagt mich! Gebt mir Tiernamen!"), das war von bemerkenswerter Hingabe.
Diese Szene als Höhepunkt des Abends zu bezeichnen, täte allerdings all jenen anderen Passagen Unrecht, die von Meyers variantenreichem Wirken profitieren. Wobei: Es bieten natürlich schon Stückqualität (von Stephen Sondheim) und Rolle für sich ziemlich ideale energetische und humoristische Rahmenbedingungen, um das direktoriale Schauspielpotenzial zu entfachen.
Meyer hat hier einen sich nach Freiheit sehnenden, in Rom als Abhängiger seine recht niederen Dienste Verrichtenden zu geben, der dem Sohn (sympathisch Paul Schweinester als Hero) seines Herrn (virtuos tattrig Herbert Steinböck als Senex) ein Versprechen abringt: Sollte es ihm, dem Sklaven, gelingen, Hero mit jener Dame (perfekt naiv Bettina Mönch als Philia), in die er sich verguckt hat, zusammenzubringen - dann würde ihm, Pseudolus, die ersehnte Freiheit geschenkt.
Für das Erreichen des Verkuppelungsziels ist Pseudolus denn auch zu jeder Flunkerei bereit. Er errichtet nach und nach eine stolze Lügenssäule, die allerdings - trotz großer Improvisationsgabe - unter der Last der realen Chaosverhältnisse zusammenbrechen muss. Macht nichts. In diesem Tollhaus der Pointen, in dem man nach irgendwelchen tieferen Bedeutungen nicht suchen sollte, geht alles ziemlich gut aus.
Dass in dieser hysterievollen Komödie die Spannung bis zum Schluss nicht abebbt, dankt man natürlich der Comic-beeinflussten Regie (auch das Bühnenbild von Friedrich Despalmes ist Comic-artig) von Werner Sobotka. Laut knallt jede Pointe, es passt das Timing (sogar eine Tür fällt ideal im Rhythmus der Musik zu). Sobotka treibt den virtuosen Unsinn schrill auf die Spitze, und auch eine so schmerzhaft eindimensionale Figur wie der Offizier Miles Gloriosus (toller Narzissmus: Florian Spiess) wirkt als durchaus passender Kontrast zum Tohuwabohu.
Nicht zu vergessen: Dagmar Hellberg (als Domina), Boris Pfeifer (als Hysterium), Sigrid Hauser (als Lycus), Gernot Kranner (als Erronius) und die Choreografie (Ramesh Nair) - sie alle glänzten an diesem Abend, wie auch das Orchester unter David Levi. (Ljubisa Tosic/DER STANDARD, Printausgabe, 19. 12. 2011)