Wien - Das angesagte Sparen bei den Staatsausgaben bringt ein Projekt ins Wanken, das in Tirol sensibel ist: den Brenner-Basistunnel. ÖBB-Chef Christian Kern ist für eine ehrliche Diskussion. "Wenn man etwa den Brenner streichen will, muss jemand seinem Parteifreund, Tirols Landeshauptmann Platter, erklären, warum man sich nicht an Vereinbarungen hält, sagte Kern im Standard-Interview. Einsparungen von 25 Prozent seien dabei nicht möglich. Das ginge auf Kosten der Sicherheit.
Es war absehbar und nur eine Frage der Zeit, bis die Scheinwerfer auch auf Österreichs Milliardenprojekte gerichtet werden. Bis jene Frage auftaucht, die am Dienstag der ÖBB-Chef gestellt hatte: "Wie viel Geld ist vorhanden?" Geld, damit die großen Infrastruktur-Vorhaben wie Semmeringtunnel, Koralm- oder Brennertunnel finanziert werden können - unter der Prämisse des geplanten strengen Sparkurses.
Auf die Bremse
Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) stieg am Dienstag jedenfalls schon auf die Bremse. Grundsätzliche stehe sie hinter den Tunnelprojekten, "wenn sie finanzier bar sind". Das hänge jetzt davon ab, "wie viel im Ressort eingespart werden muss". Und das bestimme das Finanzministerium ab. Bures will nicht allein die Verantwortung für einen eventuellen Stopp der Projekte schultern und schiebt den Ball an Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) weiter. Fekter solle klar sagen, ob sie die Milliarden-Bauvorhaben überhaupt noch für finanzierbar hält, heißt es im Bures-Büro. Finanzministerin Fekter lässt ausrichten, dass sie noch keine Details zum Sparprogramm nennen wolle.
Kanzler Werner Faymann betonte nach dem Ministerrat, dass auf der Südbahnstrecke kein Baustopp drohe. Nicht äußern wollte er sich jedoch zum Brenner-Basistunnel. Die vagen Aussagen aus den Regierungsbüros nähren die Gerüchte, dass tatsächlich demnächst über die Tunnelprojekte - am wahrscheinlichsten der Brenner-Basistunnel - ein Baustopp verhängt werden könnte.
Die Kosten sind - nach offizieller Lesart - für den Semmeringtunnel mit 3,1 Milliarden Euro veranschlagt, der Koralmtunnel ist mit rund 5,2 Milliarden Euro budgetiert und der Brenner-Basistunnel mit 7,9 Milliarden Euro. Schätzungen gehen von realistischen rund 20 Milliarden Euro in Summe aus. Mit Finanzierungskosten werden es gut 30 Milliarden. Beim Brenner soll Italien mitzahlen - was beim Sparkurs von Regierungschef Mario Monti nun aber völlig offenbleibt. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.12.2011)