Bild nicht mehr verfügbar.

Hält nichts von der politischen Diskussion über ÖBB-Einsparungen: Christian Kern.

Foto: APA

STANDARD: Die ÖVP will kräftig bei der Bahn sparen. Wie steht das Management zu den Vorschlägen?

 

Christian Kern: Ich wünsche mir eine Sachdiskussion und keine politische. Man kann uns nicht alles, was gewinnbringend ist, abnehmen, uns dem Wettbewerb aussetzen und sich dann erste Reihe fußfrei ansehen, wie die ÖBB an die Wand fährt. Und dann wird behauptet, die ÖBB kann nicht wirtschaften.

 

STANDARD: Faktum ist aber, dass sie trotz Milliardenzuschüssen hohe Verluste schreibt und die Schulden explodieren. Bedarf es da keiner radikalen Neuausrichtung?

 

Kern: Natürlich, daran arbeiten wir. Wir haben überall Einschnitte gemacht, die Bahn hat heute 2200 Mitarbeiter weniger als 2010, die Gehälter insgesamt sind heuer erstmals zurückgegangen. Daneben werden wir den operativen Verlust vierteln und 2013 eine schwarze Null schreiben.

 

STANDARD: Zusehends hinterfragt wird das Ausbauprogramm, insbesondere teure Tunnels. Zu Recht?

 

Kern: Die Regierung muss entscheiden, wie viel Geld für den Infrastrukturausbau vorhanden ist. Der Ministerrat hat einstimmig ein Programm über fünf Jahre und zwölf Milliarden Euro beschlossen. Die Projekte halten wir für sinnvoll, aber auf Einschränkungen sind wir vorbereitet. Bei Kor-alm und Brenner sind die Projekte einerseits weit gediehen, andererseits Staatsverträge etwa mit Italien unterschrieben worden. Man kann das verschieben, theoretisch ganz streichen. Aber was nicht geht, ist, bei diesen Projekten locker 25 Prozent zu sparen. Wenn man beispielsweise auf Tunnelröhren verzichtet, spart man auf Kosten der Sicherheit.

 

STANDARD: Verstehe ich Sie richtig: Sie hätten kein Problem mit der Streichung von Projekten, brauchen aber politische Vorgaben?

 

Kern: Nein, aber ich bin für eine ehrliche Diskussion. Wenn man etwa den Brenner streichen will, muss jemand seinem Parteifreund, Tirols Landeshauptmann Platter, erklären, warum man sich nicht an Vereinbarungen hält.

 

STANDARD: Bei den gemeinwirtschaftlichen Leistungen urgiert die ÖVP Einsparungen insbesondere durch Ausschreibungen.

 

Kern: Am Anfang gibt es bei Ausschreibungen, wie man in Deutschland sieht, viel Euphorie, am Ende bleiben zwei Anbieter. Das wird nicht zu niedrigeren Preisen führen.

 

STANDARD: Und der Verkauf von Immobilien und Kraftwerken?

 

Kern: Das zeugt von Unkenntnis, denn Immobilien verkaufen wir seit Jahren. Die Kraftwerke bringen jährlich Gewinne von 35 Millionen. Sind die Kraftwerke weg, müssen wir den Strom teuer zukaufen, der Bund die Verluste ersetzen. Das wäre also eine Privatisierung von Gewinnen und Sozialisierung von Verlusten.

 

STANDARD: Und die automatischen Vorrückungen?

 

Kern: Ich verstehe nicht ganz, dass Änderungen, die bei den Beamten nicht geschafft werden, bei der ÖBB gefordert werden. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Printausgabe, 21.12.2011)