Wien - Ein Forscherteam an der MedUni Wien unter der Leitung von Harald Widhalm von der Universitätsklinik für Unfallchirurgie hat an 20 krankhaft übergewichtigen Kindern und Jugendlichen nachgewiesen, dass diese neben dem seelischen Frust und Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes vermehrt an erheblichen Kniegelenksschäden leiden. Das teilte die MedUni in einer Aussendung mit.
Durchschnittlich waren die Probanden 14 Jahre alt. Der mittlere Body Mass Index (BMI) betrug 39,3 kg/m2 , während in der gesunden Population in dieser Altersgruppe entsprechend der Wachstums-Gewichtskurven nach Kromeyer-Hauschild BMI-Werte bei Normalgewichtigen bei rund 20 kg/m2 zu sehen sind. Widhalm: "In unserer Gruppe waren Kinder mit 180, 190 Kilogramm Körpergewicht." Bei Magnetresonanzuntersuchungen sind bei jedem dieser Kinder beziehungsweise Jugendlichen zumindest ein Knorpelschaden im Knie festgestellt worden. Am häufigsten lag der Defekt hinter der Kniescheibe.
Durch die körperliche Beeinträchtigung schließe sich der Kreis, so der Mediziner: "Diese Kinder können sich nicht mehr in dem geforderten Maß bewegen und werden im Sport-Unterricht in ein Eck gestellt, das Herz-Kreislaufsystem ist beeinträchtigt, der Frust und die Depression wächst weiter und viele kompensieren das durch weitere Gewichtszunahme." Den meisten dieser Jugendlichen fehle auch der Halt in der Familie, Essen werde zur Ersatzbefriedigung. Und viele Eltern lebten das Dicksein quasi vor und seien selbst übergewichtig.
Wenige Möglichkeiten
Allein mit Bewegung seien dutzende Kilogramm Übergewicht nicht wegzubekommen, ein multiprofessionelles interdisziplinäres Programm sei essentiell. Dananch helfen als letzte Möglichkeit nur noch operative rekonstruktive Eingriffe wie die Implantation eines Magenbandes beziehungsweise die Schaffung eines Magenbypasses, so Widhalm. Bei letzterem gelte Wien als eines der führenden Zentren weltweit. Erste Studien unter der Leitung von Ernährungsmediziner Kurt Widhalm und Gerhard Prager von der Universitätsklinik für Chirurgie ließen auch die berechtigte Hoffnung zu, dass der Magenbypass positiven Einfluss auf Typ-2-Diabetes besitzt.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Adipositas oder Fettleibigkeit zu einer der gefährlichsten Epidemien der Neuzeit erklärt. In der Helena-Studie (Health Lifestyle in Europe by Nutrition in Adolescence), deren Ergebnisse 2008 in Wien präsentiert wurden, und an der Kurt Widhalm maßgeblich beteiligt war, wurde nachgewiesen, dass 27,6 Prozent der Burschen und 21 Prozent der Mädchen in Europa als übergewichtig eingestuft werden müssen. (red, derStandard.at)