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Österreichs Betriebe sind in der energetischen Gebäudesanierung innovativ. Bei Klimaschutz-Zertifikatskäufe, etwa in China, sollte dies von Vorteil sein, fordert Stephan Schwarzer von der WKÖ.

Foto: Reuters/Wilson Chu

Bei der Strafzahlung von rund einer Milliarde Euro für die österreichische Zielverfehlung beim Kioto-Klimaschutzprotokoll gebe es großes Einsparungspotenzial, so Stephan Schwarzer, Experte in der Wirtschaftskammer Österreich: "In Anbetracht der Schuldenthematik ist es unverständlich, dafür mehr Geld auszugeben als notwendig."

Schwarzer schlägt vor, dass künftig nur mehr günstigere Zertifikate um vier bis fünf Euro pro Tonne CO2 gekauft werden - bisher hat die Republik Zertifikate mit einem Durchschnittspreis von zwölf Euro erworben.

In der Wirtschaftskammer regt sich Kritik an den Klimaschutz-Zahlungen: Aussteigen kann Österreich zwar nicht, aber bei einer Milliarde Euro ginge es auch billiger. Österreichs Unternehmen sollten über Aufträge profitieren.

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Wien - Wenn es um die eine Milliarde Euro geht, die Österreich wegen Zielverfehlungen beim Kioto-Klimaschutzprotokoll in etwa zu zahlen hat, ist man in der Wirtschaftskammer (WKÖ) über den eingeschlagenen Weg der Bundesregierung gar nicht zufrieden:

Diese Strafzahlungen ließen sich deutlich herunterschrauben, erläutert Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung Umwelt- und Energiepolitik in der WKÖ. Statt einer Milliarde Euro müsste es möglich sein, die Zukäufe fehlender Emissionsberechtigungen so herabzusetzen, dass insgesamt nur etwa 700 bis 750 Millionen Euro anfallen. Denn aufgrund der stagnierenden internationalen Klimaschutzpolitik sind die Preise bei allen Arten internationaler Emissionszertifikate zurückgegangen. "Diesen Vorteil gilt es zu nutzen", sagt Schwarzer, der seit kurzem auch im Expertenbeirat des österreichischen Klima- und Energiefonds sitzt. Österreich, meint er, habe bisher immer die Rolls-Royce an Zertifikaten gekauft, "die Volkswagen tun's aber auch".

So lag der Durchschnittspreis an Emissionszertifikaten, die Österreich bereits gekauft hat, bei zwölf Euro je Tonne CO2 (Kohlendioxid). Mittlerweile aber kosten die günstigsten Zertifikate nur mehr zwischen vier und fünf Euro je Tonne. Diese Zertifikate sind nicht ident mit den Firmen-CO2-Verschmutzungsrechten im Rahmen des EU-Emissionshandels, die ebenfalls an Marktwert verloren haben.

Nach Meinung des WKÖ-Experten sollten heimische Firmen davon profitieren, dass Österreich um hunderte Millionen Euro Emissionszertifikate im Ausland aufkaufen muss, um die Lücke zu schließen, die sich aus den Vorgaben des Kiotoprotokolls ergeben (siehe Wissen). Schwarzer plädiert dafür, dass bei einem Kauf von Emissionszertifikaten in Ländern wie Indien, China oder Tschechien festgelegt wird, dass das Verkaufsland die Mittel in Bereichen einsetzt, in denen österreichische Betriebe besonders wettbewerbsfähig sind: also Gebäudesanierung, erneuerbare Energien, Biomassekraftwerke oder Verstromung von Deponiegasen.

Dadurch könnte so mancher Auftrag an österreichische Firmen gehen und die Budgetmittel, die für Zertifikatekäufe ins Ausland fließen, auf Umwegen im Inland wirksam werden. Fix festschreiben lässt sich ein solcher Rückfluss jedoch nicht; das ist im Kiotoprotokoll nicht vorgesehen.

Bisher teure Zukäufe

Im Auftrag des Bundes hat die Kommunalkredit Public Consulting bereits Zertifikatskäufe über 45 Millionen Tonnen CO2 getätigt und dafür 500 Millionen Euro aufgewendet. Bis zum Vertragsende von Kioto 2012 muss Österreich noch 30 Millionen Tonnen CO2 durch Zukäufe kompensieren. Bisher wurden dafür grob 360 Millionen Euro veranschlagt; nach Berechnung von Schwarzer könnte mit 120 bis 150 Millionen Euro das Auslangen gefunden werden.

Ein Austritt aus dem Kiotoprotokoll nach dem Beispiel Kanadas ist laut Schwarzer keine Option: "Das ist für Österreich rechtlich nicht möglich, da die EU als Ganzes Mitglied des Vertrages ist." (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.12.2011)