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Mobbing geschieht nicht durch einen Angriff. Vielmehr werden Betroffene durch viele kleine Schläge aus dem Unternehmen gemobbt.

Foto: REUTERS/Eddie Keogh

Berlin - Mobbing ist ein Gruppenphänomen, kein "Einzelfall". Die Organisationspsychologen der Freien Universität Berlin Jens Eisermann und Elisabetta De Costanzo konnten erstmals empirisch belegen, dass die Wahrnehmung nicht allein auf der subjektiven Einschätzung einzelner Personen beruht. Es tritt in betroffenen Abteilungen objektivierbar gehäuft auf. Die Chefs von solchen Abteilungen können entscheidend sein.

Führungsstil von Vorgesetzten mitentscheidend

Die Ergebnisse der Forschungsarbeit wurden von der deutschen Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin publiziert. Eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Mobbing spielt demnach der Führungsstil von Vorgesetzten. So trete das Phänomen seltener in Abteilungen auf, in denen sich die Führungskräfte gesprächsbereit zeigten und Mitarbeitern bei den für sie relevanten Entscheidungen ein Mitspracherecht hätten. In diesen Abteilungen sei zudem die allgemeine Arbeitszufriedenheit höher.

Hohes Depressionsrisiko

Als unerwartet hoch erwies sich der Studie zufolge die Rate von Depression unter Mobbing-Betroffenen. So müsse von einem Anstieg der Chance für Depression um mehr als das Doppelte ausgegangen werden, wenn Mobbing vorliege, hieß es. Für ihre Studie werteten die Wissenschafter die Antworten von mehr als 4.300 Beschäftigten zweier Landesbehörden verschiedener deutscher Bundesländer aus einer Online-Befragung aus.

Die Autoren verglichen für ihre Analyse jene beiden Verfahren, die im deutschsprachigen Raum bei der Erhebung im Zusammenhang mit Mobbing bevorzugt Verwendung finden. In einem der Verfahren werden Teilnehmer gemäß der Methode des sogenannten "Leymann Inventory of Psychic Terrorization" (LIPT) gefragt, welche unsozialen Verhaltensweisen sie gegenwärtig erleben. Im anderen Verfahren sollen sie angeben, ob sie sich als Mobbing-Opfer einstufen. Eine Auswertung nach der LIPT-Methode ergab, dass jeder fünfte Teilnehmer der Studie von Mobbing betroffen war. Dagegen bezeichneten sich lediglich vier Prozent als Mobbingopfer. Insgesamt wurde das LIPT-Verfahren als objektiver gewertet.

EU-weit sind nach Schätzungen der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz etwa zwölf Millionen Menschen von Mobbing betroffen. Trotz seines Ausmaßes wird Mobbing in der wissenschaftlichen Literatur bisher noch nicht eindeutig definiert. (APA)