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Deutschlands Marine im Einsatz gegen Piraten: die Fregatte "Hamburg" hat zwei Fischerbote versenkt, die mit dem Kiel nach oben treibend aufgefunden wurden

Foto: Reuters/Bundeswehr/Christian Laudan/Handout

Berlin - Die deutsche Opposition lehnt eine Ausweitung des Militäreinsatzes gegen die Piraten vor der somalischen Küste auf Ziele an Land ab. "Das wäre die Fortsetzung der Symptom-Bekämpfung im somalischen Sand", kritisierte der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour am Donnerstag gegenüber Reuters. Für einen solchen Einsatz fehlten das politische Gesamtkonzept und die Mittel. Zudem sei eine Ausweitung zu einem Landeinsatz ohne jede Möglichkeit der Begrenzung zu befürchten.

Sollte das Bundestagsmandat entsprechend erweitert werden, könne er seiner Fraktion die Zustimmung dazu nicht mehr empfehlen. Auch der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold vermisst ein klares operatives Konzept und beurteilte die Überlegungen in der "Süddeutschen Zeitung" sehr skeptisch.

Der CDU-Außenexperte Andreas Schockenhoff schloss eine Beteiligung der Bundeswehr an derartigen Einsätzen nicht aus, sieht jedoch keinen Automatismus. "Nicht jede teilnehmende Nation muss sich auch an allen Operationen beteiligen", sagte er "Spiegel online". "Die Frage ist dann: Welche Fähigkeiten werden gebraucht und wer kann diese zur Verfügung stellen?"

Das zuständige EU-Gremium hatte den britischen Befehlshaber des europäischen Atalanta-Einsatzes am 20. Dezember damit beauftragt, den Operationsplan und die Einsatzregeln so zu überarbeiten, dass am Strand gelagertes Material der Piraten zerstört werden kann. Konkret dürfte es dabei um kleinere Boote der Piraten gehen. Bei der Bekämpfung des Piraten-Materials soll allerdings sichergestellt werden, dass kein Besitz Unbeteiligter und keine Menschen zu Schaden kommen. Die am Atalanta-Einsatz beteiligten Nationen müssen den neuen Operationsplan billigen. Auch das Bundestagsmandat für den Einsatz müsste dann geändert werden.

"Wenn es zu einer Erweiterung der Missionsaufgaben kommt, ist selbstverständlich ein Mandat des Deutschen Bundestags erforderlich", erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Sie betonte, dass es ausschließlich um die Zerstörung der Logistik der Piraten am Strand gehe und nicht um einen Einsatz an Land. Der neue Operationsplan werde gründlich auf seine Zustimmungsfähigkeit geprüft werden.

Durch das Seegebiet vor Somalia und den Golf von Aden führt die wichtigste Handelsroute zwischen Europa, der arabischen Halbinsel und Asien. Die EU hatte bereits im Mai ein robusteres Vorgehen gegen die Piraten beschlossen, die immer wieder Handelsschiffe kapern, deren Besatzungen als Geiseln nehmen und hohe Lösegelder erpressen. Auch die deutsche Marine versenkte seither kleinere unbemannte Boote. Der Bundestag verlängerte das Mandat für den Atalanta-Einsatz erst Anfang Dezember um ein Jahr. Derzeit beteiligt sich Deutschland mit einer Fregatte und 260 Soldaten daran, laut Mandat können bis zu 1400 Soldaten entsandt werden.

Verteidigungsminister Thomas de Maiziere erklärte Anfang Dezember bei einem Besuch am Horn von Afrika, Einsätze wie Atalanta könnten nur die Symptome bekämpfen. Nur der Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen, die Suche nach den Hintermännern der Piraten und das Abschneiden ihrer Finanzströme könnten die Gefahr langfristig bannen. Die Zahl der erfolgreichen Piratenangriffe sank 2011 gegenüber dem Vorjahr von 50 auf 20. Der frühere Kommandeur des europäischen Einsatzverbandes, der deutsche Flottillenadmiral Thomas Jugel, führt dies neben dem robusteren Vorgehen der Soldaten darauf zurück, dass die Reeder ihre Schiffe inzwischen häufiger angemeldet und im Konvoi durch das gefährliche Seegebiet fahren lassen und ihre Frachter mit passiven Schutzmaßnahmen gesichert haben.

Laut "FAZ" äußert auch die FDP  Bedenken gegen eine Ausweitung des Mandats: Es bestehe die Gefahr einer Eskalation, die Geiseln an Bord gekaperter Schiffe könnten Repressalien ausgesetzt werden, und auf jeden Fall werde es schwierig werden, Zivilisten zu schützen, mahnt die FDP-Politikerin Elke Hoff. "Das ist eine heikle Sache." Jedenfalls würde man Aufklärung am Boden benötigen, Luftangriffe allein reichten nicht aus.

Die Anti-Piraten-Mission "Atalanta" soll in den Seestraßen vor Somalia insbesondere die humanitären Hilfslieferungen des WFP sichern und zivilen Handelsschiffen eine sichere Fahrt ermöglichen. Deutschland beteiligt sich seit Dezember 2008 an der Mission und stellt derzeit eine Fregatte. Das Seegebiet vor der Küste Somalias gilt als das gefährlichste der Welt, allein in diesem Jahr gab es rund 230 Piratenangriffe. (red/Reuters/APA)