Wien - Zwei Genfaktoren können offenbar das Wiederauftreten von Verschlüssen der Herzkranzgefäße (Infarkt, akutes Koronarsyndrom, Anm.) trotz medikamentöser Prophylaxe gegen eine Thrombusbildung mit Blutplättchen-Hemmern begünstigen. In einer Studie unter der Leitung von Thomas Gremmel und Sabine Steiner von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien am AKH haben diese Gen-Varianten identifiziert. In Zukunft könnte man bei Betroffenen eventuell auf andere Medikamente ausweichen.

Am Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik im Bereich Molekularbiologie unter der Leitung von Christine Mannhalter wurde die Methodik zum Nachweis dieser Genvarianten bereits im vergangenen Jahr etabliert, hieß es am Donnerstag bei der MedUni Wien. Nun konnte deren Effekt in einer Studie mit 288 Patienten nach Gefäß-öffnenden Eingriffen mit Stentimplantation untersucht werden. "Es zeigte sich, dass Träger bestimmter Genvarianten von Cytochrom 2C19 und Cytochrom 2C9 signifikant häufiger eine hohe verbleibende Plättchenreaktivität gleichbedeutend mit einer unzureichenden Hemmung der Plättchenzusammenlagerung hatten", erklärt Gremmel.

Cytochrom-Enzyme sind für die Verstoffwechselung vieler Medikamente in der Leber verantwortlich. Genvarianten für diese Enzyme steuern damit schnelleren oder stärkeren Abbau bzw. höhere oder niedrigere Konzentrationen im Blut. Das ist auch wichtig für das Auftreten von Nebenwirkungen bzw. Interaktionen zwischen Arzneimitteln. Clopidogrel hemmt die Aktivierung und Zusammenlagerung der Blutplättchen und wird zur Prophylaxe von arteriellen Thrombosen - zum Beispiel von Infarkten - eingesetzt. Bei der in den Tabletten enthaltenen Substanz handelt es sich um eine "Prodrug", die im Körper durch das Cytochrom P450-Enzymsystem erst in den eigentlichen Wirkstoff umgewandelt werden muss. Hier greifen die unterschiedlichen Genvarianten ein.

Bessere Patientenbehandlung

Frühere Studien haben gezeigt, dass die plättchenhemmende Wirkung von Clopidogrel von Person zu Person sehr stark variiert. Unter anderem konnten Medikamenten-Interaktionen, Körpergewicht und das Alter der Patienten als Einflussfaktoren nachgewiesen werden. Die wissenschaftliche Arbeit in Wien identifizierte nun auch genetische Risiko-Faktoren, die bei der Behandlung mit Clopidogrel von Bedeutung sind und denen leicht entgegengewirkt werden könnte. Gremmel: "Die Patienten können mit einem alternativen Plättchenhemmer behandelt werden, der durch die genetischen Varianten von Cytochrom 2C19 und Cytochrom 2C9 in der Hemmung der Plättchenreaktivität nicht beeinflusst wird."

Die Studie wurde in Kooperation zwischen der Klinischen Abteilung für Angiologie, dem Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik und dem Thrombozytenlabor der Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin durchgeführt und jetzt in den beiden renommierten Fachmagazinen "International Journal of Cardiology" und "Thrombosis Research" publiziert. (APA)