Washington - Iraq Body Count (IBC) - die Institution, die sich dem Zählen der Toten im Irak seit der US-Invasion 2003 widmet - hat anlässlich des offiziellen Auslaufens des US-Einsatzes im Irak zum 31. Dezember 2011 einen Abschlussbericht herausgegeben. Durch den Abgleich mehrerer Quellen - offizieller und inoffizieller - gelten die Angaben von IBC als vergleichsweise verlässlich. IBC bezeichnet sie selbst als "Schätzungen", die laut anderen Berechnungen durchaus konservativ sind. IBC dokumentiert Tode durch Gewalt. Nicht in der Schätzung enthalten sind die Zahlen der an Kriegsfolgen Gestorbenen (Menschen, die unter "normalen Umständen" etwa Krankheiten und Unfälle überlebt hätten).

Den höchsten Blutzoll des US-Kriegs im Irak haben irakische Zivilisten und Zivilistinnen bezahlt: Mit Ende 2011 steht die Zahl bei 114.000, die Zahl der Toten aller Kategorien (das heißt inklusive Sicherheitskräfte) bei 162.000: 79 Prozent aller Toten sind demnach Zivilisten. Die meisten davon - mehr als 60.000 - starben durch Schusswaffen, mehr als 34.000 bei Bombenanschlägen.

14.705 (13 Prozent) der toten Zivilisten hat die US-Armee zu verantworten, und davon waren wiederum 29 Prozent Kinder. Noch immer schlagen in dieser Statistik die wenigen Wochen des US-Einmarsches im März/April 2003 stark zu Buche, nämlich mit 7286 Toten bis zum 1. Mai 2003, als US-Präsident George W. Bush in einer historischen Fehleinschätzung die "Mission Accomplished" verkündete.

2011 hat die Zahl der Toten mit 4059 die des Vorjahres leicht überschritten. IBC ortet im Irak einen Dauerkonflikt auf niedrigem Niveau, die Prognose nach dem Abzug der US-Truppen ist allerdings offen. Naturgemäß wurden in den vergangenen zwei Jahren die bei US-Einsätzen ums Leben gekommenen Zivilisten weniger, während die Zahl der von irakischen Sicherheitskräften Getöteten steigt.

Die Hochburg der Gewalt ist und bleibt Bagdad: In der irakischen Hauptstadt wohnt etwa ein Fünftel der Bevölkerung, aber ungefähr die Hälfte der gewaltsamen Tode hat dort stattgefunden.

IBC bezieht sich bei seinem Bericht auch auf die "Iraq War Logs" von Wikileaks und führt an, dass durch die geleakten Informationen die IBC-Datenbasis um 1300 Tote aufgestockt werden musste. IBC rechnet damit, dass bei einer genaueren Analyse der Logs noch geschätzte 13.000 tote Zivilisten zur jetzigen Zahl von 114.000 dazukommen. (guha, DER STANDARD-Printausgabe, 02.01.2011)