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Eine ganz normale Woche geht zu Ende ... ob vom G-8-Gipfel, von der EZB oder von Alan Greenspan, ob durch Streiks, Gewinnwarnungen oder Zinssenkung - kein Tag vergeht ohne Veränderung der Parameter für das unternehmerische Handeln.

Ungewissheit braucht Urteilskraft - und während Erstere gewaltig zugenommen hat, ist Letztere bestenfalls stabil geblieben. An Informationen mangelt es nicht, wohl aber an der Fähigkeit, diese in einem immer komplexeren Wirtschaftssystem zu deuten. So greifen viele Manager, denen diese Urteilskraft fehlt, gerne alte und neue "Werkzeuge" der Managementliteratur auf und glauben, damit die Unsicherheit meistern zu können.

Strategisches Denken ist gefragt

Sie "benchmarken" und differenzieren sich immer weniger im Wettbewerb, sie führen "shareholder value" ein und vergessen, dass ein Geschäft nicht davon lebt, den Analysten zu gefallen. Diese Werkzeuge steigern bestenfalls die Fitness, aber bringen kein Licht in den Nebel der Ungewissheit. Strategisches Denken ist gefragt, und das zeichnet sich nicht dadurch aus, dass es uns Gewissheit verschafft, sondern dass es auf schwierige Situationen vorbereitet.

Es soll helfen, weiter zu sehen, besser zu deuten und mehr und zielgerichteter zu bewegen, um sich vom Wettbewerb abzusetzen und einen wahren Unterschied zu machen.

Was zeichnet "gutes" strategisches Denken aus? Und, wie kann man es erlernen? Ganz am Anfang steht das Bekenntnis zum wahren Unternehmenszweck als Ziel der Strategie. In "Built to last", einem Klassiker der Managementliteratur, unterscheiden James Collins und Jerry Portas Manager, die sich als "Uhrenmacher" begreifen, von solchen, die als "Zeitansager" nur den aktuellen Trends gefallen wollen.

Größerem verpflichtet

Erstere bauen das Unternehmen für ein größeres Unternehmensziel und sehen Gewinn als Mittel zum Zweck. Ob Siemens, Walmart, BMW oder Nestlé: Sie alle sind etwas Größerem als nur dem Gewinn verpflichtet. Dieses Selbstverständnis gibt kurzfristigen Entscheidungen einen langfristigen Halt und weist der Entwicklung des Unternehmens wie ein Leuchtfeuer die Richtung, unabhängig von Wind- und Wellenstärke. Überlegene Vorbereitung ist der zweite Schritt. Von Louis Pasteur stammt der Spruch, dass "der Zufall den vorbereiteten Geist begünstigt". Das sorgfältige Durchdenken von Szenarien und unterschiedlicher Entscheidungspfade für das Unternehmen ist der beste Weg, um aus einer unsicheren Lage die Konkurrenz zu überholen. Dabei müssen wir als Kinder der Aufklärung verlernen, zu schnell nach eindeutigen Antworten zu suchen, sondern multioptional zu denken und den Möglichkeitsraum aufzuspannen. Nur dadurch kann es erst gelingen, die Grenzen des heutigen Geschäfts zu verlassen, wirklich Neues zu sehen und den Wettbewerber zu überraschen.

Der dritte Schritt ist die Spiegelung an der Substanz und an den Fähigkeiten des Unternehmens. Nur das was machbar ist, ist auch wertvoll. Dabei hilft es, die eigenen Grenzen zu kennen, um diese zu erweitern. Unternehmen mit einer Kultur der schonungslosen Selbstanalyse und Transparenz sind hier im Vorteil. Ein Unternehmenszweck, viele Optionen und eine klare Lagebestimmung ergeben aber zusammen noch keine Strategie, die Erfolg im Wettbewerb schafft. Dazu muss man richtig gestalten. Das ist keine Frage der Zahlen, sondern der Fähigkeit, sie zu deuten und mutige Entscheidungen bei unvollständiger Information zu treffen. Bolko von Oetinger - unser Chefstratege - bringt es auf den Punkt: "Eine kluge Strategie verschreibt keine Lösungen, sie lädt zum Nachdenken ein, sie bereichert die praktische Weisheit. Sie folgt keiner festen Regel, sondern setzt selber neue."

Nachlese

-> Wenn Manager autistisch werden -> Sag mir, wo die Frauen sind ... -> Ich google - Sie auch? -> Die Demokratisierung des Luxus -> Abschied von der AG? -> Die Geheimnisse des Phoenix -> Siegen à la Alinghi -> Anleitung zum Glücklichsein -> Die Suche nach dem Mehr -> Lust auf Leistung -> Eine doppelte Melange -> Sei willkommen Krise? -> "Denk' ich an Deutschland..." -> Gegen die Endzeit-Stimmung