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Foto: Reuters/Rehle
Berlin - Der am vergangenen Donnerstag bei einem Fallschirmabsturz ums Leben gekommene frühere FDP-Spitzenpolitiker Jürgen Möllemann soll nach Presseberichten tiefer in Waffengeschäfte verwickelt gewesen sein als bisher bekannt. Wie die "Berliner Zeitung" unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtete, soll der ehemalige deutsche Vizekanzler und Wirtschaftsminister Möllemann in den neunziger Jahren an mehreren internationalen Rüstungsgeschäften mitverdient haben. Der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki richtete schwere Vorwürfe gegen die Führung der deutschen Liberalen.

Scheinfirmen

Nach Angaben der "Berliner Zeitung" hatte eines der Waffengeschäfte einen Umfang von fast einer halben Milliarde Mark. Über Scheinfirmen habe Ex-Vizeparteichef Möllemann dafür Provisionen in Höhe von mehreren Millionen Mark kassiert, die zum Teil nicht versteuert worden seien. Bisher war Möllemann nur mit der Lieferung von Fuchs-Spürpanzern an Saudiarabien Anfang der 90er Jahre in Verbindung gebracht worden. Die Einkünfte aus den Rüstungsgeschäften und ihr geschäftlicher Hintergrund seien bereits weitgehend aufgeklärt gewesen, hieß es. Aus diesem Grund habe Möllemann auch zunächst einem Angebot der Staatsanwaltschaft zugestimmt, die Verfahren gegen einen Strafbefehl sowie eine Steuernachzahlung samt Strafzuschlag zu beenden. Sein Einverständnis habe er dann aber vor wenigen Wochen zurückgezogen, als ihm die zu zahlende Gesamtsumme mitgeteilt wurde.

Gleichzeitig wurde laut "Berliner Zeitung" bekannt, dass die Spendenaffäre der FDP in Nordrhein-Westfalen offenbar eine noch größere Dimension als bisher angenommen hat. Der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft lägen Hinweise darauf vor, dass dort bereits seit 1996 mit verschleierten Parteispenden gearbeitet worden sei.

Kubicki erhob im Zusammenhang mit dem erzwungenen FDP-Austritt Möllemanns im März schwere Vorwürfe an die FDP-Spitze. Zwar trage kein FDP-Politiker Schuld an Möllemanns Tod, sagte Kubicki der "Bild am Sonntag": "Aber sicherlich werden einige Herren aus der Führungsspitze meiner Partei es heute bereuen, dass sie nicht nur den Politiker, sondern auch die Persönlichkeit Jürgen Möllemann so massiv in Frage gestellt haben", sagte der langjährige Freund des Verstorbenen. Kubicki betonte, er halte weiterhin einen Unfall als "am wahrscheinlichsten" für den Absturz. "Für einen Selbstmord gibt es keinen nachvollziehbaren Grund." FDP-Chef Guido Westerwelle setzte sich unterdessen dafür ein, für Möllemann einen Staatsakt im Bundestag abzuhalten. Bei allen Differenzen stünden nun die Verdienste des ehemaligen Wirtschafts- und Bildungsministers im Vordergrund, sagte ein Parteisprecher.

Die Bedeutung seiner Familie, seine Gesundheit und Pläne für eine Parteigründung sind im Mittelpunkt des letzten Interviews von Möllemann gestanden. In einem Gespräch mit der "Welt am Sonntag" zwei Tage vor seinem tragischen Tod zeigte er sich zufrieden mit seiner Fitness: "Mein Arzt hat grünes Licht gegeben: Herz, Kreislauf, Magen - alles wieder okay! In dieser Woche kann ich erstmals wieder mit dem Fallschirm abspringen in Marl-Loemühle, sofern das Wetter es zulässt." Dabei sprach Möllemann auch vom "Rückhalt seiner Familie", die eine wichtige Voraussetzung für seine Pläne zur Parteigründung sei. Nach den Erfahrungen um die Jahreswende habe er sich "vorgenommen, politisch nichts mehr ohne die Rückkopplung zu Hause zu unternehmen. Im Klartext: Ohne meine Familie passiert da nichts." Auch seinen für August geplanten Urlaub auf Gran Canaria erwähnte der ehemalige FDP-Spitzenpolitiker in dem Gespräch. (APA/Reuters)