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Rotlicht an: ORF-Chef Wrabetz (li.) und sein erklärter Bürochef Pelinka. Parteifreunden Infos aus dem Redaktionssystem zu stecken wäre der "Bruch mehrerer Gesetze", warnt der Redakteursrat.

Foto: APA/Herbert Neubauer

Wien - Ruhe gibt Fritz Wendls Telefon kaum, auch der Posteingang hält ihn auf Trab: Rechtsanwälte und andere Juristen schicken dem Vorsitzenden des ORF-Redakteursrats lange Gutachten, "wie rechtlich unhaltbar" es für ORF-Chefs ist, Jobs in ihrem Haus per Aussendung zu besetzen, ohne sie noch ausgeschrieben zu haben. Wie es Alexander Wrabetz eilig vor dem Heiligen Abend getan hat.

In einer Reihe (auch nicht ausgeschriebener) Personalia erklärte Wrabetz, der Fraktionschef der roten ORF-Stiftungsräte und Organisator seiner Generalswahl werde sein Bürochef. Über dessen Schreibtisch gehen, wie berichtet, alle wesentlichen ORF-Themen. "profil" verweist auf Einblick ins Redaktionssystem und damit auf Themen- und Beitragsplanung der ZiBs. ORF-Sprecher Martin Biedermann sieht den Zugang nicht zwingend, aber hunderte Redakteure im ORF hätten Zugriff.

Die Befürchtung: Pelinka könnte ihn nutzen, um zu intervenieren oder Parteifreunde früh zu mobilisieren. Wendl: "Würde so etwas passieren, wäre das der Bruch mehrerer Gesetze, vor allem des verfassungsrechtlich geschützten Redaktionsgeheimnisses, also ein Anlass für fristlose Entlassung." Aber: "So etwas nachzuweisen ist in der Regel allerdings nicht ganz einfach. Schon deswegen ist in einer solchen Position nur jemand denkbar, der ausreichend über das Vertrauen der Redaktionen verfügt."

Pelinka fehlt das Vertrauen, machten die Redakteursvertreter in Protestnoten klar, unterschrieben von mehr als 100 ZiB-Journalisten. Wendl hatte schon Anfragen von Menschen, die den Redakteursprotest als Text "für ein neues Rundfunkvolksbegehren" verwenden wollen.

Der ORF-Zentralbetriebsrat berät kommende Woche "Maßnahmen" zum Thema, sagt Vorsitzender Gerhard Moser dem STANDARD.

Protest äußert sich auch in Massenbewerbungen um jenen Job, den ORF-General Wrabetz schon Pelinka zuschrieb. Redakteursrat Wendl hat von "mehr als 3.000 Bewerbungen" gehört. Andere ORF-Quellen sagen, bis Montag seien weniger als 100 eingelangt - das ORF-Personalbüro zählt offenbar alleine formal korrekte Bewerbungen mit Lebenslauf.

Pelinka sagt, er habe keinen Alternativplan; Wrabetz setzt weiter auf ihn. Seinen Job bei der ÖBB hat er mit Jahreswechsel gekündigt; die Stelle dort wird laut einer Sprecherin nicht 1:1 nachbesetzt. 2010 musste Pelinka seinen Job als Ministersprecher Claudia Schmieds aufgeben, weil er ORF-Stiftungsrat wurde; die ÖBB nahm ihn auf.

Auf dem Küniglberg winkt nun mehr Geld: Die ausgeschriebene Dienstgruppe verspricht mindestens 5270 Euro, bei der ÖBB sollen es 3500 gewesen sein.

"Totengräber" Pelinka, Rudas

Pelinka und SP-Managerin Laura Rudas empören Schriftstellerin Elfriede Jelinek. "Das ist seine Aufgabe: die Abhängigkeit", schreibt sie auf ihrer Webseite über Pelinkas ORF-Job: "Und mit der Unabhängigkeit verschwindet das Denken, und mit dem Sozialen verschwindet die Sozialdemokratie, und diese beiden sympathischen, netten jungen Leute sind ihre Totengräber, sie sind ihr Ende." Sie schreibt von einem "Menschenfressermodell für das Öffentlich-Rechtliche, in dem es keine Öffentlichkeit und kein Recht mehr gibt." (fid, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 3.1.2012)