Desolater als gedacht: Haupttrakt des ORF-Zentrums. Am linken Ende sitzen General Wrabetz und sein Bürochef.

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Verfall des ORF, im Standard 2007 dokumentiert.

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Wien - Niko Pelinka muss sich gut überlegen, ob es lohnt, sich als Bürochef gediegen einzurichten. General Alexander Wrabetz bricht der ORF gerade unter dem Schreibtischsessel ein. Sein Büro knirscht nicht allein wegen massiven Protests gegen Pelinka.

Der Haupttrakt des ORF-Zentrums braucht "klare, eindeutige und rasche Maßnahmen", sagt ein Kenner der Lage. Zu seit Jahren bekannten Sanierungserfordernissen sind "statische Probleme dazugekommen".

Dringliche Probleme: Stiftungsräte sind von "gravierenden" Entwicklungen im ORF zu informieren. Die reguläre Sitzung des Stiftungsrats am 1. März erschien der ORF-Führung "zu spät", heißt es intern. Daher der Sondertermin am 20. Jänner zu den Baufragen (und Pelinka, unten mehr). Im ORF beeilt man sich zu beruhigen: "Es ist keine Gefahr in Verzug".

Big Brother 2012: ORF aus dem Container

Knapp vor Weihnachten informierte ORF-Chef Wrabetz seine Mitarbeiter: "2012 sind jedenfalls beim Stahlbetonskelettbau im Bereich der Parapetträger und der Kassettendecken umfangreiche Überprüfungen und Sanierungsarbeiten durchzuführen. Die Arbeiten sollen noch im Jänner eingeleitet werden." Um das Tragwerk zu sanieren, müssen die Verkleidungen abgenommen werden, bei laufendem Betrieb unmöglich. Mitarbeiter müssen jedenfalls bereichsweise abgesiedelt werden.

Im Gespräch ist, wie berichtet, die Meidlinger Kaserne. Container wurden ebenfalls ventiliert. Die Perspektive für sein Büro soll der ORF-Chef erbost ausgeschlossen haben. Das verneint ein anderer ORF-Mann, nach eigenen Angaben Teilnehmer dieser Sitzung. Ein Containerdorf sei "selbstverständlich eine Variante" und werde geprüft; ausgeschlossen sei bisher nichts, schon gar nicht erbost, sagt diese Quelle.

"Nicht zu verantworten"

2012 wollte der ORF ohnehin entscheiden, ob er auf dem Küniglberg bleibt oder, wie von der Wiener SPÖ gewünscht, nach St. Marx absiedelt. 2016 wäre ein realistischer Umzugstermin. Doch bis dahin mit der Sanierung zu warten, "könnte die Geschäftsführung nicht verantworten", sagt ein ORF-Mann mit Einblick.

Nach außen betont man, Teilabsiedelung wäre kein Vorentscheid über den Standort. In der - zu Dienstantritt bröselnden - Chefetage kursiert aber, Ausquartierte könnten gleich nicht mehr auf den Küniglberg zurückkehren.

Dabei dürfte just der desolate Zustand für den Verbleib auf dem Küniglberg sprechen: Denkmalschutz für das betroffene Hauptgebäude gilt als fix, auch wenn der ORF das Verfahren weiter hinauszögert. Den Roland-Rainer-Bau verfallend zurückzulassen, verbietet das Denkmalschutzgesetz. Einzige Ausnahme: Sanierung wäre wirtschaftlich unzumutbar.

Intern kursieren drei Varianten für den künftigen ORF-Standort:

  • Neubau in St. Marx für rund 400 Millionen Euro (170 Millionen für Technik, 220 Millionen für den Neubau), ohne Grundstück.
  • Den Küniglberg komplett zu entkernen und zu modernisieren, etwa mit trimedialem Newsroom, koste ähnlich viel, heißt es intern.
  • Den Küniglberg minimal zu sanieren, käme auf "maximal" 200 Millionen. Allerdings fielen dann Synergien aus dem gemeinsamen Newsroom für TV, Radio und Online weg, ebenso günstigere Betriebskosten. Ein zentraler Standort wäre damit gefallen, Betriebsrat und Radiodirektor wollen ohnehin am Funkhaus festhalten.

Variante drei wäre über die ersten zehn Jahre günstiger. Variante eins würde sich erst nach mehr als 20 Jahren rechnen, eine lange Strecke in Zeiten wirtschaftlicher Unwägbarkeit. Zu entscheiden wäre zudem im Umfeld der Gebührenerhöhung im Juni.

Eine Mehrheit im Stiftungsrat für Neubau ist derzeit fraglich. Franz Medwenitsch, Sprecher der bürgerlichen Stiftungsräte und Leiter des Finanzausschusses sagt auf STANDARD-Anfrage: "Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bin ich gegen ein Immobilienabenteuer des ORF. Wenn am Küniglberg jetzt saniert werden muss, dann soll man das Gebäude gleich ordentlich sanieren, möglichst kostengünstig modernisieren und als ORF-Standort erhalten. Das sagt jedenfalls der wirtschaftliche Hausverstand." (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 4.1.2012)