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Ein 8,7 Kilogramm schwerer Säugling, geboren in Indonesien 2009, liegt zwischen normalgewichtigen Babys.

Foto: REUTERS/Stringer

München - Bisher ging man davon aus, dass die Aufnahme "schlechter" Fette in der Schwangerschaft die Bildung kindlicher Fettzellen erhöht und dass "gute" Omega-3-Fettsäuren hingegen vor Übergewicht schützen. Eine Interventionsstudie an der Technischen Universität München konnte eine solche fetale Programmierung aber nicht bestätigen: Im Rahmen der Studie nahmen werdende Mütter während Schwangerschaft und Stillzeit mit Fischölkapseln und Fischmahlzeiten gezielt mehr Omega-3-Fettsäuren zu sich. Ein Effekt auf das Fettgewebe des Nachwuchses ließ sich nicht feststellen: Im Alter von zwölf Monaten waren sie genauso rund oder schlank wie die Kinder der Kontrollgruppe, teilte die TU München in einer Aussendung mit.

Übergewicht und Adipositas - schon die Jüngsten leiden an diesen Zivilisationskrankheiten. Fettleibigkeit im Kindesalter ist eine Ursache von Typ-2-Diabetes und erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs. Ernährungsmediziner sind deshalb auf der Suche nach wirksamen Präventionsmaßnahmen. "Die Vorbeugung von Übergewicht und Adipositas sollte so früh wie möglich erfolgen", sagt Hans Hauner, Leiter des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin der TU München.

Wir sich unterschiedliche Fette auf Kinder auswirken

Die Forschungsarbeit des Ernährungsmediziners setzt deshalb bereits im Mutterleib an: In der INFAT-Studie* untersuchen Hauner und seine Kollegen im Rahmen des Kompetenznetzes Adipositas, wie sich die Zusammensetzung der Fettsäuren in der mütterlichen Ernährung während der Schwangerschaft und Stillzeit auf den Nachwuchs auswirkt. Im Fokus steht dabei das Verhältnis zwischen Omega-6-Fettsäuren, die in Fleisch und Wurstwaren vorkommen, und Omega-3-Fettsäuren, die besonders in fetten Meeresfischen enthalten sind. Ein erhöhter Anteil an Omega-3-Fettsäuren in der mütterlichen Ernährung gilt als vielversprechend für die Vorbeugung von Adipositas: Zellbiologische Versuche und Untersuchungen an Mäusen haben gezeigt, dass die Arachidonsäure - eine Omega-6-Fettsäure - zu einem verstärkten Wachstum von Fettzellen führt. Im Gegensatz dazu ergaben die Experimente für Omega-3-Fettsäuren eher eine bremsende Wirkung auf die Fettgewebsentwicklung des Mäusenachwuchses.

Zwei Vergleichsgruppen schwangerer Frauen

Die Ergebnisse der INFAT-Studie stellen die Wirksamkeit einer solchen Prägung im Mutterleib, also der fetalen Programmierung auf "schlank", nun in Frage. Die Wissenschafter haben 208 werdende Mütter seit Beginn der Schwangerschaft kontinuierlich begleitet und untersucht. Eine Gruppe der Frauen nahm in der Schwangerschaft und Stillzeit durch die Einnahme von Fischölkapseln und den Verzehr von mehr Fisch- und weniger Fleischmahlzeiten gezielt mehr Omega-3-Fettsäuren zu sich. Die Kontrollgruppe hingegen behielt ihre üblichen Ernährungsgewohnheiten bei und verzichtete auf die Fischölkapseln. 

In jeder Gruppe wurde das Fettgewebe der Kleinkinder durch die regelmäßige Messung von Hautfalten bis zum zwölften Lebensmonat erfasst. Auch per Ultraschall wurde die Dicke der Fettschicht am oberen Bauch der Kleinkinder bestimmt - erstmalig bei so jungen Kindern. Das Ergebnis: Zwischen beiden Gruppen ließ sich kein Unterschied in der Fettgewebsentwicklung feststellen. Von einer fetalen Programmierung kann in diesem Fall nicht die Rede sein. Eine Prävention von kindlichem Übergewicht durch die Einnahme von Fischöl-Präparaten in der Schwangerschaft konnte somit in der INFAT-Studie nicht nachgewiesen werden.

"Die Entwicklung im Mutterleib ist ein komplexer Prozess und lässt sich nicht auf einen einfachen Zusammenhang zwischen Nährstoffzufuhr und Fettgewebsentwicklung reduzieren. Zudem kommen zum Beispiel im Kindergarten und in der Schule weitere Umweltfaktoren hinzu, die sich auf das Körpergewicht auswirken", sagt Hauner. Die Kinder werden deshalb im Rahmen der INFAT-Studie bis zu ihrem fünften Lebensjahr in regelmäßigen Abständen untersucht. Auch weitere Annahmen über die Wirkung von Omega-3-Fettsäuren sollen noch geprüft werden, beispielsweise der mögliche Schutz vor Asthma oder Neurodermitis. Mit der INFAT-Studie stehen dafür zum ersten Mal umfangreiche Daten aus einer prospektiven Interventionsstudie zur Verfügung. (red)