Als die Europäische Zentralbank wenige Tage vor Weihnachten den Banken in der Eurozone eine neue Quelle billigen Geldes erschloss und diese beherzt zugriffen, da schien es, als ob der Schlüssel zur Beilegung der Schulden- und Bankenkrise gefunden worden sei. Zwei Wochen und einen Jahreswechsel später ist es klar: Die Strategie ist nicht aufgegangen - zumindest vorerst nicht.

Die Banken nahmen zwar das Geld, legten es aber nicht in höher verzinsten Staatsanleihen an, sondern bunkerten es fast zinslos wieder bei der EZB. Davon haben weder die hochverschuldeten Staaten noch die Unternehmen etwas, die sich in einer Kreditklemme wiederfinden.

Noch kann das Blatt sich wenden. Die Gelder liegen bei der EZB nur über Nacht; sobald die Banken wieder Hoffnung schöpfen, werden sie bessere Investments wählen.

Das ist derzeit jedoch nicht in Sicht. Die Banken trauen einander nicht, weil sie alle zu viele Staatspapiere in den Büchern haben und sie auf Befehl der EU-Bankenaufsicht EBA bis zum Sommer ihr Eigenkapital drastisch erhöhen müssen. Aber solange so viel Unsicherheit herrscht, will niemand ihnen diese Mittel geben. Das ist ein Teufelskreis, der das ganze Bankensystem und auch den Euro gefährdet.

Bald, so scheint es, werden einige EU-Institutionen ihre Strategie überdenken müssen. Höhere Eigenkapitalpuffer schützen die Banken zwar langfristig vor Krisen. Aber wenn die strengen Auflagen der EBA die Institute überfordern, dann wird die Therapie selbst zur Krankheit.

Und die EZB wird wohl erkennen müssen, dass sie sich nicht hinter den Banken verstecken kann, um Italien und Spanien aus der Schuldenfalle zu befreien. Auch wenn es den Deutschen nicht gefällt: Es führt kein Weg an einem direkten Ankauf von Staatsanleihen vorbei. Vielleicht macht die Ernennung des ersten Nichtdeutschen als EZB-Chefvolkswirt diesen notwendigen Schritt etwas leichter. (DER STANDARD, Printausgabe, 5.1.2012)