Der Blitzkrieg hat die FPÖ erreicht. Die Enthüllungsplattform nazi-leaks.net veröffentlichte angebliche Kundenlisten von rechtsextremen und neonazistischen Versandshops. "Operation Blitzkrieg" nennen die Betreiber die Aktion. Auf der Onlinekunden-Liste 2009 des Modelabels Thor Steinar finden sich die Adressen mehrerer FPÖ-Politiker und österreichischer Polizisten - der WebStandard berichtete.

Königshofer-Nachfolger

Der prominenteste FPÖ-Funktionär auf der Liste ist der Tiroler Mathias Venier (27), der 2011 als Abgeordneter ins Parlament einzog - als Nachfolger Werner Königshofers. Dieser musste zurücktreten, nachdem er rechtsextreme Schriften auf seine Homepage gestellt hatte.

Venier: "Bekomme Newsletter"

Venier bestreitet, je bei Thor Steinar bestellt zu haben: "Ich bekomme aber ihren Newsletter, wie auch von anderen derartigen Anbietern", sagt er im STANDARD-Gespräch. Wie Thor Steinar an seine Mailadresse gekommen ist, weiß er nicht: "Sonst bekäme ich wohl keine Newsletter." Neben Venier steht ein Sohn Andreas Mölzers auf der Liste, ein FP-Gemeinderat aus Eisenstadt und drei FP-Bezirksräte aus Wien.

Öllinger: "Innenministerin ist gefordert"

Wo genau die Polizisten auf der Liste arbeiten, ist aus den Mailadressen nicht ersichtlich. "Die Beamten werden sich Fragen gefallen lassen müssen, die Innenministerin ist gefordert", sagt der Grüne Karl Öllinger. Die Beamten würden kontaktiert werden, hieß es aus dem Ministerium.

Thor Steinar ist bei Rechtsextremen und Neonazis sehr beliebt, ihr Markenzeichen setzt sich aus zwei Runen zusammen: einer gedrehten Sig-Rune, dem Vorbild des gezackten S der SS, und der Tyr- oder Kampfrune. In Österreich gibt es zwei Thor-Steiner-Geschäfte, eines davon in Braunau.

"Wer hier damit herumläuft, zeigt, dass er politisch sehr weit rechts steht"

"Nicht jeder, der Thor Steinar trägt, ist ein Neonazi", sagt Andreas Peham, Rechtsextremismus-Experte im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (Döw). "Aber wer hier damit herumläuft, zeigt, dass er politisch sehr weit rechts steht."

Die meisten Daten auf nazi- leaks.net sind nicht neu, die Thor- Steinar-Liste etwa tauchte bereits 2009 im Internet auf. Erst jetzt erbeutet wurde die Kundenliste des rechtsextremen Odin-Versands. Auf der stehen etwa 40 österreichische Neonazis, aber keine FPÖ-Politiker. Das Döw prüft nun, ob parlamentarische Mitarbeiter der FPÖ dabei sind.

Klage eingereicht

Eine andere Veröffentlichung hat nazi-leaks eine Klage gebracht: Die Betreiber stellten Namen, Telefonnummern und Adressen von Autoren des rechtskonservativen deutschen Magazins Junge Freiheit (JF) online. Das Döw ordnet das Blatt nicht als rechtsextrem ein, auf der veröffentlichten Liste stehen etwa der ehemalige Parlamentskorrespondent der FAZ, Karl Feldmeyer, und Stern-Autor Peter Scholl-Latour. Es sei seither "zu mehreren Attacken auf Wohnungen und Drohanrufen gegen Personen" gekommen, schreibt JF-Chefredakteur Dieter Stein. Er hat nun eine Klage eingereicht - vorerst gegen unbekannt." (Tobias Müller, DER STANDARD Printausgabe, 5. Jänner 2012)