Innsbruck - Erich Holfeld ist es keine Genugtuung, dass dereinst die Adler, wenn sie die denn Zeit dafür hätten, während des Flugs von der Paul-Außerleitner-Schanze zu Bischofshofen seine Grabstelle erspähen könnten. "Denn dann tut mir nichts mehr weh." Bis dahin will der 68-Jährige nicht müde werden, eine Lanze für seine Stadt und ihren sportlichen Stellenwert zu brechen. Denn "Bihofens" erst in den vergangenen Jahren erworbener Ruf als Treffpunkt einer alkoholbeschwingten Menschenmenge, die am Dreikönigstag dem Abschluss der Vierschanzentournee mehr oder weniger bewusst beiwohnt, missfällt ihm.

Dass die etwas mehr als 10.000 Einwohner zählende Stadt im Pongau im Zuge der Tournee irgendwie aus dem Rahmen fällt, gibt Holfeld gerne zu. "Oberstdorf und Garmisch sind klassische Wintersportorte, Innsbruck ist das ebenfalls und noch dazu eine Landeshauptstadt." Bischofshofen sei dagegen mit Ausnahme des Skisprungs wie weite Teile des Salzachtals fast wintersportfrei. "Nur einen Babylift gibt es. Dennoch ist es der einzige Ort im Bundesland, der Jahr für Jahr eine Weltklasseveranstaltung durchführt."

Der rote Pfahl

Natürlich verweist der ehemalige Werbeleiter des Skifabrikanten Fischer, Ex-Pressereferent der Salzburger SP und Radiomensch auf die sozialdemokratische Tradition der Eisenbahner- und Arbeiterstadt, "die nach wie vor rot ist, obwohl die ÖVP derzeit den Bürgermeister stellt". In der Zwischenkriegszeit sei sie gar der "rote Pfahl im Fleisch der Konservativen" gewesen. Und über Jahrzehnte habe sich aus der Eisenbahn das Funktionärsgefüge des SC Bischofshofen gespeist.

Bereits 1928, ein Jahr vor Gründung des internationalen Skiverbandes (Fis), wurde in Bischofshofen, dass sich seither eine Wiege des Skisprungs in Österreich nennen darf, eine erste Schanze errichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde am Ort des heutigen Außerleitner-Bakkens die Hochkönigschanze gebaut. Wer sonst als Josef "Bubi" Bradl, Sohn eines Bergmanns aus Mühlbach am Hochkönig, der erste Mensch, der (in Planica) die 100-Meter-Marke übertraf, sollte auf ihr den ersten Schanzenrekord erzielen?

Holfeld war auch noch ein Bub, als Bradl 1953 in Bischofshofen nach Rang zwei hinter dem Norweger Halvor Naes die erste Vierschanzentournee gewann. Damals und noch viele Jahre danach war das Dreikönigsspringen in Holfelds Erinnerung ein Fest für Einzelsportler, wie sie die Skispringer mit ihrem "way of no return" im Anlauf nun einmal seien. Erst mit der "Goldimania" Mitte der 90er des vorigen Jahrhunderts hätte das alkbefeuerte "patriotisch-chauvinistische Element" Einzug ins Bradl-Stadion gehalten.

Holfeld wünscht sich, dass vor dem 60. Dreikönigsspringen am Freitag wenigstens ein Teil der zugelassenen 22.000 Zuseher trotz der "Schlierimania" die Schautafeln entlang des Springerpfades, der am Friedhof mit der präsumtiven Grabstelle vorbei hinauf ins Stadion führt, zu würdigen weiß. "Denn da gibt es viele interessante Dinge zu lesen." (lü, DER STANDARD Printausgabe 05.01.2012)