Es gibt Vorschläge, die glaubt man beim ersten Mal lesen ja nicht. Die Forderung nach einer Kirchensteuer für all jene, die aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten sind, ist so eine Meldung. Glaubt man nicht, will man vielleicht auch nicht glauben. Zunächst würde man eine Satiregruppe hinter dem Ansinnen vermuten. Aber da der oberösterreichische Bauernbund selten ob seiner Satiretätigkeit auffällig geworden ist, müssen wir einmal von einem ernstgemeinten Appell ausgehen.

Gut, es ist der Bauernbund, da kann es schon einmal passieren, dass klerikale Anwandlungen an die Oberfläche kommen. Doch vielleicht ist das alles Teil der derzeit so populären Steuerfindungsdebatte. Da will der Chef des oberösterreichischen Bauernbunds natürlich seine Ideen beitragen. Der Kirche geht es ja ob der vielen Austritte schlecht, und vermutlich werden die Steuereinnahmen ob der sich der Kirche abwendenden Menschen auch weiterhin sinken. Aus der Wiener Erzdiözese heißt es jedoch, die nächsten fünf Jahre gebe es finanziell keine gröberen Probleme, der Vorschlag des Bauernbunds sei "unausgegoren".

Die über Jahrhunderte aus einer Vormachtstellung heraus errichteten Bauten wollen jedoch erhalten werden. Sollen sie auch, keine Frage. Doch diejenigen die aus der Kirche ausgetreten sind, kann man dafür nicht zur Kasse bitten. Man muss - wenn überhaupt - eine kulturpolitische Lösung finden und anerkennen, dass viele Kulturbauten schützenswerte Objekte - ob Kirchen, Synagogen oder Moscheen - sind, gleich wie man zu der darin praktizierten Religion steht.

Wir müssen aber auch die positive Seite dieses Bauern-Juxes sehen. Die ÖVP diskutiert freiwillig über eine neue Steuer. Zumindest will ihr Chef, derzeit Michael Spindelegger, in einer ersten Stellungnahme sich "zumindest einmal auf eine Diskussion" einlassen, und bekundet dies sei ein Vorschlag, "den man bewerten muss". So ganz gegen mehr Geld für die katholische Kirche wollte sich Spindelegger  in dem kurzen Interview offenbar nicht stellen und verlor sich in Politikerphrasen. Schade.

Denn vielleicht können wir uns in Zukunft in Analogie zur Kirchensteuer für alle auch auf eine Tabaksteuer für alle Nichtraucher, eine Alkoholsteuer für alle Abstinenten oder eine Mineralölsteuer für Radfahrer einigen. Wieviele Milliarden das wohl bringen mag? Oder ernsthaft über Erbschafts-, Schenkungs-, Vermögens-, oder Luxussteuer diskutieren.

Irgendwann werden wir in diesem Land vielleicht auch diskutieren müssen, was wir mit dem kulturellen Erbe der Zeit des Katholizismus machen, wenn dieser einmal nicht mehr oder nur mehr in die Bauten nicht erhaltenden Dosen vorhanden ist. Eine Diskussion zur gerechten Aufteilung der Erhaltungskosten von Kulturbauten jeglicher Art muss aber unabhängig von einer Stigmatisierung Ausgetretener oder Atheisten erfolgen, und fern von religiöser Zugehörigkeit stattfinden. Diese Diskussion ist zu führen, die Erhaltung unserer Kulturbauten - als primär museale Stätten - ist im Interesse aller, gläubig oder nicht. Eine Bestrafung aus der Kirche ausgetretener ist jedoch - entschuldigen Sie das Wort - jenseitig. (derStandard.at, 4.1.2012)