Jerusalem - Der israelische Religionsminister Jakow Margi hat angesichts wachsender Spannungen zwischen ultraorthodoxen und säkularen Juden vor einer Spaltung der Gesellschaft gewarnt. In einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters rief Margi am Mittwoch Strenggläubige zu mehr Zurückhaltung auf. Zudem mahnte er Journalisten zu mehr Umsicht bei der Berichterstattung über das Thema. "Falls wir ein Problem in der israelischen Gesellschaft haben, dann sollten wir es durch Dialog lösen", sagte der Minister, der auch Generalsekretär der ultraorthodoxen Shas-Partei ist. "Ich rufe alle Menschen in den Medien und Extremisten auf beiden Seiten, die verrückten Leute, dazu auf: Kommt wieder runter!" Andernfalls befürchte er, dass der Konflikt "die israelische Gesellschaft auseinanderreißen" werde.

In Israel nehmen die Spannungen zwischen religiösen und säkularen Juden seit Wochen zu. Rund zehn Prozent der knapp acht Millionen Israelis sind ultraorthodoxe Juden, die eine besonders strenge Auslegung religiöser Vorschriften vertreten und zunehmend gewaltsam dafür eintreten. Für besonderes Aufsehen sorgte der Fall eines achtjährigen Mädchens, das auf dem Schulweg von ultraorthodoxen Männern angespuckt worden war, weil es angeblich nicht züchtig genug gekleidet war. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu verurteilte die Gewalt, und auch die Shas-Partei, ein ultraorthodoxer Koalitionspartner, distanzierte sich von dem Vorfall.

Auf Druck der Ultraorthodoxen gibt es inzwischen in einigen Buslinien in religiösen Vierteln getrennte Sitzplätze für Männer und Frauen. In Jerusalem haben Rabbiner zudem verlangt, Plakate mit Fotos von Frauen abzuhängen und keine Frauen in religiösen Geschäften zu beschäftigen. In Beit Shemesh haben die Strenggläubigen durchgesetzt, dass Frauen auf Schildern aufgefordert werden, ihre Viertel zu meiden. Als Polizisten eines der Schilder abmontieren wollten, wurden sie von Orthodoxen angegriffen. In der Stadt 30 Kilometer vor Jerusalem leben viele strenggläubige Einwanderer. (APA/Reuters)