
Kämpferin für einkommensabhängiges Kindergeld, laute Stimme für die Gleichstellung: abz-Geschäftsführerin Manuela Vollmann.
STANDARD: 20 Jahre Arbeit für die Gleichstellung und aktuell eine noch immer weit offene Gehaltsschere. Sind Sie in der Laune für eine Erfolgsbilanz?
Vollmann: Als wir begonnen haben, Transitarbeitskräfte in Unternehmen unterzubringen, war das eine grüne Wiese. Wiedereinsteigerinnen kannte keiner, Vereinbarkeit war in Unternehmen kein Thema. Heute ist es Thema in Verbindung von gesellschaftlicher und ökonomischer Notwendigkeit. das ist angekommen. Wir haben jetzt die bundesweite Kampagne für Väterkarenz, da hat sich viel getan, das kommt jetzt in die Gänge. Standorte in Wien, in Niederösterreich, im Burgenland, in Vorarlberg. Begonnen haben wir ganz klein am Schöpfwerk. Und: Wir haben das einkommensabhängige Kindergeld, das ist ganz zentral wichtig. Nicht angekommen ist, da haben Sie recht, dass es einen direkten Konnex zwischen Vereinbarkeit und Gehaltsschere gibt. Wir haben Stereotypisierungen, die ganz massiv sind - Unternehmen sind da aber heute teilweise weiter als die Politik. Bei Gleichstellung geht es ja nicht um ein soziales Tun, sondern um wirtschaftliche Notwendigkeit. Und: Vereinbarkeit ist kein Frauenthema, sondern ein Managementthema.
STANDARD: Apropos Politik - das abz, ursprünglich aus dem AMS hervorgegangen, jetzt mit 85 Mitarbeiterinnen plus 35 freiberuflichen Beraterinnen in der Gleichstellung tätig, wird gern als "Vorfeldorganisation" bezeichnet ...
Vollmann: Ich bin nicht im Vorfeld einer Partei. Meine Partei ist die Gleichstellung. Da kann ich Leidenschaft mit Beruf verbinden und unternehmerisch tätig sein - ich komme aus einer Unternehmerfamilie, wir finanzieren uns über Projekte, und Verkaufen macht mir Spaß.
STANDARD: Sie sind auch bekannt, nicht locker zu lassen und nicht zu schweigen ...
Vollmann: Ja, ich echauffiere mich. Andere tun das nicht, dann geht aber auch nichts weiter.
STANDARD: Regt Sie da nicht auf, dass Frauenförderung noch stellenweise Feigenblattthema ist, dass sich die Gehaltsschere nicht verkleinert, dass fleißig am Backlash gearbeitet wird, wenn Studien zum Berufswunsch junger Frauen zum Ergebnis "Hausfrau" kommen?
Vollmann: Also: Qualifizierte Arbeitsmarktpolitik kann die Gehaltsschere verkleinern, daran arbeite ich. Wir tragen Frauen nicht auf Händen, wir arbeiten mit ihnen. Feigenblattthema? Ja, aber vor einigen Jahren wäre es das gar nicht gewesen. Backlash? Fünf Schritte zurück, das gibt es nicht mehr - und solche Studien bezweifle ich.
STANDARD: Was sind Schwerpunkte 2012?
Vollmann: Wir verbinden das Gesundheitsthema mit der Vereinbarkeit, gehen mit dem Lebenslangen Lernen in den Gesundheitsbereich. Age-Management, Arbeit und Migration, Lebenslanges Lernen - unsere Kernkompetenzen fließen da natürlich weiter ein. Wir gehen an Schnittstellen, verbinden.
STANDARD: Woher kommt die andauernde Kraft?
Vollmann: Ich bin nicht nachtragend. Das lässt mich gut schlafen, und ich hänge als Person nicht an Dingen, die ad hoc nicht funktionieren. Aber: Ich glaube leidenschaftlich an meine Arbeit. (Karin Bauer/DER STANDARD; Printausgabe, 7./8.1.2012)