Die "Bild"-Zeitung will die umstrittenen Äußerungen des deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff auf der Mailbox von "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann veröffentlichen. Diekmann bat den Bundespräsidenten deshalb am Donnerstag schriftlich, diesem Schritt zuzustimmen. "Wir möchten dies nicht ohne Ihre Zustimmung tun und bitten Sie deshalb im Sinne der von Ihnen angesprochenen Transparenz um Ihr Einverständnis zur Veröffentlichung." Eine Reaktion des Präsidialamtes lag noch nicht vor.

Mit Verwunderung habe "Bild" die Äußerungen Wulffs am Mittwoch in ARD und ZDF zur Kenntnis genommen, wonach es ihm nicht darum gegangen sei, die Berichterstattung über den umstrittenen Hauskredit zu verhindern, sondern diese nur um einen Tag zu verschieben, heißt es in dem Schreiben an den Bundespräsidenten.

Unterdessen veröffentlichten Wulffs Anwälte eine "zusammenfassende Stellungnahme" zu den mehreren hundert Medienanfragen in der Kreditaffäre. Sie ergänzten eine "rechtliche Bewertung", wonach kein Verstoß gegen das niedersächsische Ministergesetz vorliege.

Nach Darstellung von Wulffs Anwälten standen weder der umstrittene Privatkredit noch die diversen Urlaubsreisen mit den Amtspflichten Wulffs als Ministerpräsident von Niedersachsen in Zusammenhang. "Die privaten Freundschaften von Herrn Wulff haben seine Amtsführung nicht beeinflusst." Auch für steuerrechtliche Verstöße gebe es keine Anhaltspunkte.

11,5 Millionen Zuschauer sahen Interview

Knapp 11,5 Millionen Zuschauer hatten am Mittwochabend das mit Spannung erwartetet Interview von Wulff in ARD und ZDF gesehen. Die Aussagen Wulffs lösten bei Koalition und Opposition ein unterschiedliches Echo aus.

In der christlich-liberalen Koalition wurde der Fernsehauftritt mit Erleichterung aufgenommen. SPD, Linke und Grüne sehen weiteren Aufklärungsbedarf. Der Bundespräsident hatte ungeachtet des verheerenden Medienechos einen Rücktritt abgelehnt. Im Interview bei ARD und ZDF gestand er aber Fehler und Versäumnisse ein. So sei der Drohanruf bei "Bild"-Chefredakteur Diekmann "ein schwerer Fehler" gewesen. Die "Bild"-Zeitung hatte vor drei Wochen zuerst über die Umstände des Hauskredits im Wert von einer halben Million Euro berichtet. Der Präsident muss sich gegen Vorwürfe wehren, beim Kauf eines Eigenheimes als Ministerpräsident die genauen Umstände der Kreditaufnahme verschwiegen zu haben. (APA)