Wie sich Lebewesen im Laufe der Zeit an ihr jeweiliges Umfeld anpassen, ist an ihren Genen abzulesen: Die Erbsubstanz ändert sich mit Anpassung und Evolution. Das Genom eines Individuums zu sequenzieren ist mittlerweile nicht mehr schwierig - ganze Populationen einer Art zu untersuchen, ist jedoch noch immer mit viel Aufwand verbunden, wie es in einer Aussendung der Veterinärmedizinischen Universität Wien heißt. Christian Schlötterer und sein Team vom dort ansässigen Institut für Populationsgenetik haben nun die Software "PoPoolation2" entwickelt, mit der auch Nicht-Experten vergleichsweise schnell und billig einzelne Populationen einer Art miteinander vergleichen können. Das Programm haben sie in der Fachzeitschrift "Bioinformatics" vorgestellt.

"Pooling"

Die Software basiert auf "Pooling": Dabei kann ein Genom von mehreren Vertretern einer Population analysiert und in weiterer Folge mit dem Genom anderer Populationen derselben Art verglichen werden. "Einzelne Populationen bergen in sich viel Variation", erklärt Schlötterer im APA-Gespräch. So sehen Österreicher beispielsweise alle anders aus. Unter der Vielzahl der Varianten gibt es auch solche, "die unter Umständen vorteilhaft sein können". Und diese setzen sich im Erbmaterial durch: "Wäre es in Österreich vorteilhaft, klein und rothaarig zu sein, würden die Genotypen, die einen Österreicher klein und rothaarig machen, häufiger werden."

Winter

In der Tier- und Pflanzenwelt wiederum setze sich beispielsweise jene Population durch, die es schafft, harte Winter zu überleben. "Wenn es kalt wird, kann ein Organismus auf drei verschiedene Arten reagieren", sagt Schlötterer. Entweder er geht weg und wandert mit der Klimazone mit - oder er verändert sich äußerlich ("Phänotypische Plastizität") bzw. genetisch. Im Falle einer genetischen Veränderung kann man dann beim Vergleich verschiedener Populationen einer Art - beispielsweise der Fruchtfliege in Afrika mit jener in Österreich - auf Spuren der Evolution schließen. "Die afrikanische Fruchtfliege ist viel empfindlicher auf Kälte als die österreichische", so Schlötterer weiter. "Dort, wo sie sich besonders stark unterscheiden, finde ich vielleicht ein Gen, das dafür verantwortlich ist."

Ohne viel Vorwissen

Im Rahmen des Softwareprogramms kann man erstmals das komplette Genom in vielen Individuen ansehen, quasi "in einem Pool". "Das erlaubt es auch Nicht-Bioinformatikern, mit so großen Datensätzen (einer Sammlung von vielen DNA-Sequenzen, Anm.) umzugehen", erläutert der Forscher. Ohne viel Vorwissen könnte das Programm etwa in der Biologie oder der medizinischen Forschung eingesetzt werden. Beim Test mit zwei unterschiedlichen Populationen von Fruchtfliegen zeigten die Ergebnisse, dass die Software die genetischen Unterschiede "mit sehr hoher Präzision vorhersagt". (APA)