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Bei den Militärausgabe wird in Griechenland nicht gespart.

Foto: REUTERS/Yannis Behrakis

Athen/Wien - Das neue Sparpaket der Regierung in Athen verschont kaum einen Griechen - es sei denn, er arbeitet beim Militär oder in der Rüstungsindustrie. An diesen beiden Bereichen sei nämlich noch jedes Sparpaket beinahe spurlos vorübergegangen, schreibt "Die Zeit" am Wochenende in ihrer Online-Ausgabe.

2010 betrug der griechische Rüstungsetat fast sieben Milliarden Euro. Das entsprach knapp drei Prozent der Wirtschaftsleistung, eine Zahl, die in der NATO nur von den USA übertroffen wurde. (Das Budget des österreichischen Bundesheeres liegt unter einem Prozent des BIP). Zwar kürzte das Athener Verteidigungsministerium 2011 die Rüstungs-Neubeschaffungen um 500 Millionen Euro. An der Truppenstärke von fast 130.000 Soldaten ändert sich vorerst nichts.

Unter Griechenlands EU-Partnern gibt es nur wenige, die sich öffentlich dafür aussprechen, die griechischen Rüstungsvorhaben zu stoppen. Einer davon ist Daniel Cohn-Bendit, Chef der Grünen im Europaparlament: "Von außen greifen die EU-Länder in praktisch alle Rechte Griechenlands ein. Krankenschwestern wird der Lohn gekürzt, und alles Mögliche soll privatisiert werden. Nur beim Verteidigungshaushalt heißt es plötzlich, das sei ein souveränes Recht des Staates. Das ist doch surreal."

Keine Einschnitte im Verteidigungsbudget

Bei den von einer Troika aus Experten des Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission überwachten Sparmaßnahmen wird das Verteidigungsbudget kaum angefasst. Schon laut Stabilitäts- und Wachstumsprogramm für Griechenland für das Jahr 2010 sollte das Budget für Rüstungsausgaben nur um 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung gekürzt werden - um 457 Millionen Euro. Im selben Dokument wurde vorgeschlagen, die Sozialausgaben um 1,8 Milliarden Euro zu kappen.

Im Etat für 2012 ist vorgesehen, dass der Sozialhaushalt um weitere neun Prozent schrumpfen soll, also um zwei Milliarden Euro. Die Beiträge zur NATO hingegen sollen um 50 Prozent auf dann 60 Millionen Euro steigen, die laufenden Ausgaben für den Verteidigungshaushalt gar um 200 Millionen auf dann 1,3 Milliarden Euro: ein Plus von 18,2 Prozent.

Cohn-Bendit glaubt, dass hinter dem Zaudern Europas handfeste wirtschaftliche Interessen stehen. Hauptprofiteur der griechischen Aufrüstungspolitik sei dabei ausgerechnet Europas "Sparmeister" Deutschland, so "Die Zeit". Laut dem gerade veröffentlichten Rüstungsexportbericht 2010 sind die Griechen nach den Portugiesen - auch ein Staat kurz vor der Pleite - die größten Abnehmer deutscher Kriegswaffen.

Ex-Außenminister Dimitris Droutsas rechtfertigt die griechischen Rüstungsausgaben: "Wir haben nicht so viel Geld für die Verteidigung ausgegeben, weil uns das Spaß gemacht hat", sagte er. Die griechischen Außengrenzen müssten gegen die Migrantenströme aus Nordafrika und Asien gesichert werden, fast täglich gebe es Konflikte mit der Türkei. Dass es mit der Türkei ein Wettrüsten gebe, obwohl beide Länder in der NATO sind, hält Droutsas für legitim: "Ob wir wollen oder nicht, Griechenland ist gezwungen, über ein starkes Militär zu verfügen." (APA)