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Großbaustelle ORF.

Foto: APA/Jäger

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Alexander Wrabetz, hier nach seiner Wiederwahl am 9. August 2011.

Foto: AP/dapd/Strauss

Als "Super-Alex" startete ORF-Chef Wrabetz 2006. Je höher die Erwartung, je tiefer die Enttäuschung: Vom Quoteneinbruch dank "größter Programmreform" und kontinuierlich weiter bergab zum Quoten-Tiefststand des Jahres 2011, bis hin zur Direktorenablöse und Personalwahl auf Parteiwunsch. Dafür aber auch große Politgeschenke ORF, allen voran mehr ORF-Gebühr für alle. Amtszeit 2 startete Wrabetz gerade von unten. Er wird auch diese Baustellen aussitzen. Wie einen Abend mit Laura Rudas, der SPÖ-Mediendompteuse, auf einem sommerlich-heißen Kanzlerfest.

Seinen tausenden Mitarbeitern hat Wrabetz schon klar gemacht: Er wird einen der engsten Vertrauten der SPÖ-Managerin zu seinem Bürochef machen. Niko Pelinka, bisher als SPÖ-Fraktionschef im Stiftungsrat Wrabetz' Wahlhelfer. Mit Zugang zu allen wesentlichen Vorgängen im ORF, auch in seinen Redaktionen. Für Pelinka nun ein Job, besoldet wie Leiter großer Redaktionen, während der ORF seit Jahren an seinen Journalisten spart. Der Redakteursrat will nun dafür zumindest das ORF-Statut schärfen. Ein halbes Jahr bis Jahr nach Dienstantritt sollen die Redaktionen neue Chefs mit großer Mehrheit abwählen können.

Kathrin Zechner

Eine erfreulich unberechenbare Bombe tickt seit 1. Jänner im fünften Stock des ORF-Zentrums: TV-Direktorin Kathrin Zechner. Sie wirkt nicht, als würde sie die Fernsehinformation, wie politisch erhofft, ganz dem roten General Wrabetz und dem roten Chefredakteur Fritz Dittlbacher überlassen. Ihrem Kandidaten für die neue Schlüsselfunktion TV-Entwicklung, Radio-Chefredakteur Stefan Ströbitzer, wird bisher jedenfalls keine Offenheit gegenüber Politinterventionen nachgesagt. Die Radiochefredaktion bekäme dann Hannes Aiglsreiter. Er gilt als bürgerlich, aber wie für alle ORF-Redakteure gilt für ihn die Unabhängigkeitsvermutung.

Was bisher an Programmideen Zechners durchsickerte, dürfte für einige Diskussionen mit dem ORF-Chef sorgen: Er beendete 2007 die Durchschaltung von "ZiBs" auf ORF 1 und ORF 2, Zechner soll sie wieder ventilieren. Die Rückkehr zur versuchten Zwangsbeglückung könnte zwar der Politik gefallen, fraglich nur, ob auch dem Publikum. Und ob wohl Wrabetz seine Sendung - Dominic Heinzls Societyparade - aufgibt? Zechner soll intern auch schon den Polittalk "Im Zentrum" hinterfragt haben. Den moderiert Niko Pelinkas Vater, "News"-Chef Peter.

Öffentlicher Auftrag

Nur einen Grund hat der ORF, dass er ORF 600 Millionen Euro an Gebühren bekommt und alle Privatsender zusammen 15 Millionen: Er hat einen öffentlichen Auftrag zu erfüllen. Das Gesetz schreibt ihm vor, dass "Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle" in seinem Programm vorkommen, "ausgewogen" sollen auch anspruchsvolle Inhalte vorkommen. Und: "Im Wettbewerb mit den kommerziellen Sendern ist in Inhalt und Auftritt auf die Unverwechselbarkeit" des ORF "zu achten". 2012 entscheidet die Medienbehörde als erste Instanz, ob der ORF das Gesetz erfüllt. Die Privaten behaupten in einer detaillierten Langzeitanalyse, er verletze das Gesetz. Die bundeseigene Rundfunkregulierung RTR dürfte den Befund im Frühjahr neuerlich stützen: Medienwissenschafter Jens Woelke präsentiert seine unabhängige TV-Programmanalyse. Schon bisher sah sie ORF 1 kommerzieller programmiert als österreichische und deutsche Privatsender. Nun vergleicht sie erstmals auch mit dem anspruchsvollen Privatsender Servus TV.

Anspruchsvolle Aktivitäten von österreichischer Produktion über Untertitelung bis Rundfunkorchester sind stets die ersten Sparopfer, wenn der ORF Geld von der Politik will - so auch in der jüngsten Finanzplanung bis 2015. Schon reitet der rote Publikumsratschef vor für eine Verlängerung des Bundeszuschusses für Gebührenbefreiungen über 2013 hinaus. Derzeit sind das 30 Millionen jährlich extra. 2012 brauchen auch ORF 3 und ORF Sport Plus mehr Geld - erstmals laufen sie in der neuen Form über ein ganzes Jahr. Um die Bundesligarechte muss sich der ORF 2013 neu bemühen.

Vizedirektor

Der ORF musste laut Gesetz zwei Direktoren einsparen, für freiheitliche Stimmen bei der Generalswahl gibt es nun einen Vizedirektor, Thomas Prantner, mehr. Günstiger denn als Onlinedirektor und ohne Dienstwagen, versichert man im ORF. Prantner ist nicht der einzige Exdirektor mit hoher Apanage.

Wie ein Zeichen entschloss sich das ORF-Zentrum zu Wrabetz Dienstantritt, rascher als erwartet zu verfallen: Noch im Jänner muss die Führung des Küniglbergs die Sanierung des Hauptgebäudes antreten, in dem hunderte ORF-Mitarbeiter arbeiten. 200 Millionen werden intern für eine simple Sanierung des bestehenden ORF-Zentrums veranschlagt. Für einen Neubau in St. Marx oder eine Komplett-Modernisierung des Küniglbergs als einziger Wiener ORF-Standort mit integriertem Newsroom für TV, Radio, Online kalkuliert man mit 400 Millionen. Die Finanzplanung des ORF legt bis 2015 gerade 53 Millionen dafür zur Seite. (Harald Fidler, derStandard.at, 9.1.2012)