Kuala Lumpur - Ein malaysischer Richter hat den wegen Homosexualität angeklagten Oppositionsführer Anwar Ibrahim freigesprochen. Es gebe nicht genügend Beweise, um die Anschuldigungen von Anwars früherem Mitarbeiter Saiful Bukhari Azian zu stützen, sagte Richter Mohamad Zabidin am Montag in Kuala Lumpur. Er brauchte nur drei Minuten für die Urteilsverkündung. Bei einem Schuldspruch hätten Anwar 20 Jahre Haft gedroht. Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind in dem mehrheitlich muslimischen Land verboten.
Der Freispruch überraschte viele Beobachter. Vor dem Gebäude hatten sich mindestens 5000 Anhänger des populären Politikers versammelt. Die Polizei hatte Straßensperren aufgebaut, weil sie bei einem Schuldspruch Unruhen befürchtete.
Drei Explosionen nach Freispruch
Nach dem Freispruch explodierten vor dem Gerichtsgebäude drei Sprengsätze. Die kleinen, aber lauten Explosionen ereigneten sich kurz nachdem der 64-Jährige das Gericht verlassen hatte. Polizeichef Mohmad Salleh sagte, fünf Personen seien leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht worden. Die Ursache der Explosionen war zunächst unklar, der Polizeichef verwies auf die noch laufenden Ermittlungen.
Polizisten an Ort und Stelle sagten, es seien lediglich laute Feuerwerkskörper hochgegangen. Die Zeitung "The Star" berichtete jedoch, nach den Explosionen seien Batterien und Kabel gefunden worden, was auf selbst gebastelte Sprengsätze hindeute. Der Polizeichef wollte sich nicht zu dem Bericht äußern.
Anwar hatte stets seine Unschuld beteuert und der Regierungskoalition ein Komplott vorgeworfen, um seine politische Karriere zu beenden. Auch Menschenrechtsgruppen, darunter Amnesty International, kritisierten das Verfahren als Schauprozess. Die Anklage erfolgte 2008 wenige Wochen nach einem beispiellosen Wahlerfolg Anwars. Er verhinderte die sonst übliche Zweidrittelmehrheit der Koalition.
Sechs Jahre Haft
Der Politiker war ursprünglich selbst Mitglied der Koalition und stellvertretender Regierungschef. Als er bei seinem Chef Mahathir Mohammed 1998 in Ungnade fiel, wurde er schon einmal wegen Homosexualität und Korruption angeklagt. Die Verurteilung wegen Homosexualität wurde später aufgehoben. Er verbrachte sechs Jahre im Gefängnis. Anwar ist mit der Ärztin und Oppositionspolitikerin Wan Azizah Wan Ismail verheiratet und hat fünf Kinder.
Die Koalition United Malays National Organisation (UNMO) und ihr Vorgänger sind seit der Unabhängigkeit 1957 im Amt. Sie erhält ein System mit Privilegien für ethnische Malaien und indigene Völker aufrecht, die etwa 61 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Für die Nachfahren der teils vor mehr als 100 Jahren eingewanderten Chinesen (24 Prozent) und Inder (sieben Prozent) gibt es unter anderem weniger Studienplätze, Regierungsaufträge und Investitionsmöglichkeiten.
Anwar kritisiert das. "Wir wollen eine Wirtschaftspolitik, die nicht nur das Wachstum fördert, sondern der Bevölkerung auch Gerechtigkeit und Gleichbehandlung bringt", sagte er. (APA)