Brüssel - Die EU-Kommission wird nach Angaben eines Sprechers von Wirtschaftskommissar Olli Rehn schon bald ihre Beurteilung des strittigen neuen ungarischen Notenbankgesetzes abgeschlossen haben. Die EU befürchtet, dass mit dem neuen seit Jahresanfang beschlossenen Gesetz die Unabhängigkeit der Notenbank gefährdet ist. "Wir stehen knapp davor", sagte EU-Kommissionssprecher Amadeu Altafaj-Tardio am Montag in Brüssel. Der Sprecher wollte aber nicht bestätigen, dass die EU-Kommission bereits am Mittwoch auf ihrer ersten Sitzung im neuen Jahr über die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Ungarn in dieser Angelegenheit entscheiden soll.
Gleichzeitig wies die Sprecherin von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso Vorwürfe zurück, wonach die Brüsseler Behörde im Falle Ungarns mit zweierlei Maß messe. "Wir wenden nur einen Standard an, und das ist das Gemeinschaftsrecht", betonte Pia Ahrenkilde Hansen. In dem Fall Ungarns gebe es einen Konflikt zwischen dem Notenbankgesetz und Artikel 130 des EU-Vertrages. Dies habe nichts mit der Regierung zu tun, die hinter dem Gesetz stehe, ergänzte der Sprecher von Rehn.
Nach dem EU-Vertrag muss die Zentralbank unabhängig von politischem Einfluss über die Zinsen entscheiden können, um für Preisstabilität sorgen zu können. Der für die Geldpolitik zuständige Notenbankrat soll in Ungarn um zwei auf neun Posten erweitert werden. Notenbankchef Andras Simor - kein Orban-Mann - bekommt einen weiteren, dritten Stellvertreter. Die EU und die Europäische Zentralbank monieren, dass die Regierung durch die Bestellung weiterer Mitglieder Einfluss auf die Notenbank ausüben kann. Simor nannte den zusätzlichen Stellvertreterposten einen "politischen Kommissar". Außerdem soll die Zentralbank mit der Finanzaufsichtsbehörde zusammengelegt werden, wobei ein neuer Präsident berufen und der Zentralbankchef nur noch dessen Stellvertreter sein wird. Dies beschneide die Unabhängigkeit des Zentralbankchefs, monierte die EZB. (APA)