Heidelberg - Vor 450 bis 440 Millionen Jahren, an der Grenze zwischen Ordovizium und Silur, ereignete sich ein Massenaussterben, dem über die Hälfte aller Gattungen zum Opfer fiel. Es war das zweitgrößte Ereignis dieser Art in der Erdgeschichte, auch wenn es nicht so bekannt ist wie andere Massenaussterben - letzteres dürfte unter anderem daran liegen, dass das Leben damals mit Ausnahme von Moosen und Pilzen noch auf die Meere beschränkt war.

Als Ursache werden meist die klimatischen Auswirkungen der Kontinentaldrift angenommen. Die Landmassen von Gondwana hatten sich um den Südpol herum gruppiert, es bildeten sich massive Gletscher, der Meeresspiegel sank und das globale Klima trat in eine der kältesten Perioden ein, die es seit Beginn des Lebens gegeben hatte.

Eine Minderheit von Forschern glaubt indessen, dass ein Gammastrahlenblitz in unserer mittleren kosmischen Nachbarschaft für das Massenaussterben verantwortlich gewesen sein könnte. Die Schockfront dieses Ausbruchs hätte die Ozonschicht der Erde zerstört und damit eine tödliche Menge an UV-Strahlung auf die Erdoberfläche dringen lassen. Für diese Hypothese gibt es keinerlei Belege - nun aber immerhin eine Berechnung, dass sich ein solches Phänomen nicht gänzlich ausschließen lässt.

Gammastrahlenblitze

Als mögliche Ursachen für Gammastrahlenblitze gelten extreme Supernova-Ereignisse oder die Verschmelzung von Neutronensternen. Solche Kollisionen sind allerdings selten - können jedoch häufiger innerhalb von Kugelsternhaufen vorkommen, wo Sterne dicht beieinander stehen und sogar binäre Systeme von "Sternenleichen" bilden. Wie der "New Scientist" berichtet, hat Wilfried Domainko vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg berechnet, ob sich jemals ein Kugelsternhaufen nahe genug an unserem Sonnensystem befunden hat, um einen folgenschweren Gammastrahlenblitz zu produzieren.

In die Berechnung floss die Häufigkeit ein, mit der solche Blitze in Kugelsternhaufen beobachtet werden. Kombiniert wurde dies mit einer Rückberechnung der Bahnen, die die Kugelsternhaufen und unser Sonnensystem in der Vergangenheit innerhalb der Milchstraße genommen haben. Es ergab sich die rein mathematische Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb der letzten Milliarde Jahre zumindest einmal ein Gammastrahlenblitz in "Schlagdistanz" (also ein paar tausend Lichtjahre entfernt) stattgefunden haben kann.

... was natürlich immer noch kein Beleg der Hypothese ist, aber auch bedeutet, dass sie weiterhin nicht verworfen werden kann. 2013 soll der ESA-Satellit "Gaia" starten, um etwa eine Milliarde Sterne kartographisch zu erfassen. Aus den präzisen Bahndaten erhoffen sich die Forscher auch neue Erkenntnisse darüber, ob Gammastrahlenblitze in Sternhaufen als Verursacher von Massenaussterben in Frage kommen. (red)