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Wunschdenken eines Demonstranten am Samstag vor dem Schloss Bellevue. Sonntagabend diskutierte Günther Jauch mit Gästen in der ARD die Mailbox-Affäre.

Foto: AP/Markus Schreiber

Je mehr ein Thema aufregt, desto besser passt es in eine Talkshow. So gesehen hätten am Sonntagabend für Günther Jauch in der ARD die Voraussetzungen gepasst. Es ging natürlich um den deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff.

Dennoch boten Jauchs Gäste keine Spannung. Interessant war zunächst, wer aller nicht kam. Der zwecks Ausgewogenheit nötige Wulff-Verteidiger fand sich in Person von Bernhard Vogel (CDU), der bis 2003 Ministerpräsident von Thüringen war. Aktive CDU-Politiker wollen Wulff offenbar nicht mehr verteidigen.

Und selbst Vogel musste eingestehen: "Es geschehen die seltsamsten Dinge." Doch genauso lahm wie die Verteidigung war auch die Kritik am deutschen Staatsoberhaupt. Wulff habe sich erklärt, aber nicht genug, so der Tenor. Das sei alles recht unbefriedigend, aber so wirklich offen wollte keiner den Rücktritt fordern.

Die Frage des Abends an den anwesenden "Bild"-Vizechefredakteur Nikolaus Blome verpasste Jauch auch noch. Warum veröffentlicht der Springer-Verlag nicht endlich die Anrufe Wulffs, damit Fakten auf den Tisch kommen?

Müde plätscherte die Debatte dahin, bis Angela, die Retterin, auftrat - nicht Kanzlerin Angela Merkel, sondern Angela Solaro, eine Unternehmerin und Freundin Wulffs, in deren Ferienwohnung an der Nordsee er Urlaub gemacht hatte.

Sie verstehe die Aufregung nicht, erklärte sie. Wulff sei ein netter Mensch, trage im Urlaub Jeans, trinke Saft und esse Pizza. Sieht sie das Problem nicht, fragte man sich. Oder sind doch die Kritiker die Dummen? Nächsten Sonntag werde man eventuell wieder über Wulff reden, sagte Jauch zum Schluss. Es klang wie eine Drohung. (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 10.1.2012)