Bild nicht mehr verfügbar.

Alles so schön rot hier ...: Alexander Wrabetz am Tag seiner Wiederwahl als ORF-GI. - Trifft das Bild aber auch die Realität der ORF-Information? Und was hat das alles mit dem Alter von Elfriede Jelinek und Peter Weibel zu tun?

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Bernhard Heinzlmaier wirft den Kritikern der Bestellung von Niko Pelinka Gehässigkeit vor. Ich habe selten einen Artikel gelesen, der so gehässig ist wie der von Heinzlmaier. Seine pauschale Behauptung, "dass in diesem Laden jeder Posten politisch besetzt wird", ist absurd. So redet der Stammtisch. Seine Behauptung, "der unabhängige Journalismus im ORF ist Illusion" von "ein paar Wichtigmachern aus dem ORF, die selbst auf Partei-Tickets in dieses Haus eingefahren sind", ist eine besondere Gemeinheit. Dieselben Redakteurinnen und Redakteure des ORF haben sich vehement in der Ära Lindner gegen politischen Druck gewehrt, als er von der ÖVP kam, und jetzt tun sie es wieder, da er von der SPÖ kommt. Wer in der Redaktion welches Parteibuch hat, ist dabei nebensächlich - etliche haben keines.

Im Fall Pelinka dagegen ist der Verdacht unabweisbar, dass das Parteibuch eine Rolle spielt. Und darum geht es: Es geht nicht um einen jungen Mann mit Ambitionen, es geht um die Glaubwürdigkeit des ORF, insbesondere seiner Information. Darum wehren sich die Redakteurinnen und Redakteure so vehement. Weil die Glaubwürdigkeit des ORF ein demokratiepolitisch kostbares Gut ist und mehr zählt als die gegenwärtigen Ambitionen von Niko Pelinka und den beiden anderen.

Das hat überhaupt nichts mit "Geronto-Politik" zu tun. Da geht es nicht um "die latente Angst einer Gruppe alt gewordener Männer und Frauen". Auch dieser Vorwurf ist nur gehässig. Gerontokratie äußert sich völlig anders: Wenn Vizekanzler Spindelegger einen generellen Aufnahmestopp im Bundesdienst vorschlägt und wenn die SPÖ geneigt ist, zuzustimmen, dann schneiden sie tausenden jungen Menschen brutal ihre Berufschancen ab. Damit will sich die Regierung mühsame Strukturreformen ersparen. Das ist Gerontokratie! Die Jungen um ihre Möglichkeiten bringen. Die Karriere von Niko Pelinka dagegen hilft zunächst niemandem außer ihm selbst. Den freien Mitarbeitern im ORF zum Beispiel, denen unsere Solidarität gelten sollte aufgrund ihrer sozialen Situation, hilft das nichts.

Mit den Standard-Beiträgen von Peter Weibel und Elfriede Jelinek muss man nicht einverstanden sein. Der von Jelinek ist für mich zu stark auf die Person Pelinka zentriert, und das Hineinziehen von Familien, wie Weibel es macht, lehne ich ab. Was hat der Politikwissenschafter Anton Pelinka mit der Karriere seines Neffen zu tun? Nichts. Aber: Elfriede Jelinek "die eigenen enttäuschten Ansprüche nach öffentlicher Anerkennung" vorzuwerfen, ist merkwürdig. Keine Anerkennung? Hallo! Nobelpreis! Ähnliches gilt für den erfolgreichen Künstler und Wissenschafter Weibel. Das sind gehässige verfehlte Behauptungen.

Es stimmt, es hat auch gegen Niko Pelinka gehässige Angriffe gegeben, die abzulehnen sind. Gleichzeitig hat aber der Sprecher des Redakteursrats im ORF Dieter Bornemann in seinem Gastkommentar im Standard ausdrücklich festgestellt: "Es geht dabei nicht um die Person Pelinka, sondern um das System. Offenbar müssen die Parteien zufriedengestellt werden, erst dann kann der ORF-Generalintendant arbeiten." In diese Richtung ging auch die Mehrzahl der Kommentare: Die Glaubwürdigkeit des ORF und seiner Information gerät durch die angekündigte Bestellung von Pelinka, Prantner und Ziegler in Gefahr.

Heinzelmaiers hämischer Zynismus, der ORF sei ohnehin nichts anderes als ein Selbstbedienungsladen der Parteien, nützt in dieser Auseinandersetzung überhaupt nichts. Und ist außerdem falsch. Ganz nebenbei: Ich habe fast elf Jahre lang den Club 2 geleitet, hatte unzählige Streitereien mit intervenierenden Parteien und war selbst bei keiner Partei. Das hat mir beim Streiten genützt. Und daran hat sich nichts geändert: Die Parteien intervenieren, die Redaktionen wehren sich. Der Generaldirektor hat die Aufgabe, der Redaktion dabei zu helfen. (DER STANDARD, Printausgabe, 10.1.2012)