Der deutsche Industriekonzern Siemens stimmt Investoren auf schwierigere Zeiten ein. "Die Ergebnisprognose zu erfüllen, wird ganz harte Arbeit", sagte Finanzchef Joe Kaeser der Website "Wall Street Journal Deutschland". "Die Prognose ist sehr ambitioniert", fügte er hinzu. "Der Gegenwind ist rauer geworden." Für das im Oktober begonnene Geschäftsjahr 2011/12 hat der Münchener Technologiekonzern bisher einen stagnierenden operativen Gewinn von sechs Mrd. Euro in Aussicht gestellt. Der Jahresumsatz soll demnach um bis zu fünf Prozent von zuletzt 73,5 Mrd. Euro steigen.

Bauchschmerzen

Kaeser hat nun offenbar Bauchschmerzen mit dieser Prognose. Die Schuldenkrise verunsichere die Kunden und bremse Investitionen. "Ich habe schon vor Monaten gesagt, dass diese Schuldenkrise und die dadurch ausgelösten Unsicherheiten die Weltwirtschaft beeinflussen werden", so Kaeser. "Denn Unternehmen, die nicht wissen, ob sie morgen noch einen Kredit bekommen, werden nicht investieren".

An der Börse kam der schwindende Optimismus schlecht an: Die Siemens-Aktie verlor 1,6 Prozent und war damit neben SAP der einzige Verlierer im deutschen Leitindex Dax. "Die vorsichtigen Töne des Finanzchefs machen natürlich alles andere als Mut", sagte ein Börsianer. "Das klingt nach einem Einstimmen auf ein schwieriges Jahr." Die Aktien der Siemens-Konkurrenten ABB und Alstom notierten ebenfalls im Minus.

"Das wird Siemens natürlich im ersten und zweiten Quartal spüren"

Die Auftragslage werde trotz gut gefüllter Orderbücher schwieriger, sagte Kaeser im Vorfeld einer Investorenkonferenz. "Das wird Siemens natürlich im ersten und zweiten Quartal spüren", fügte er hinzu. "Im zweiten Halbjahr 2012 gehen wir von einem deutlichen Anziehen der industriellen Nachfrage aus."

Kaeser warnte zudem vor Belastungen aus missratenen Windkraftprojekten in der Nordsee. Verzögerungen beim Netzanschluss von Windparks schlügen sich in der Bilanz des abgelaufenen Quartals nieder. "Wir erkennen wegen der Verzögerungen und der Unsicherheiten schon jetzt beachtliche Mehrkosten." Weniger Lasten muss Siemens indes beim Umbau seiner Medizintechniksparte verbuchen. Die veranschlagten 300 Mio. Euro würden wohl nicht ausgeschöpft.

17.000 Stellen

Eine Schonfrist gibt es noch für Siemens' Anteil am neuerlichen Sanierungsanlauf für den Netzwerkbauer Nokia Siemens Networks. Im Auftaktquartal, das Silvester zu Ende ging, werde es wahrscheinlich noch keine NSN-Belastungen geben. Das Gemeinschaftsunternehmen mit der finnischen Nokia will im Zuge seiner dritten Sanierungsrunde 17.000 Stellen abbauen. Die Lasten für Siemens hatte Kaeser im November mit etwa einer halben Milliarde Euro veranschlagt.

Der Osram-Börsengang rutscht auf Kaesers Agenda nach unten. Die bereits für vergangenen Herbst angepeilte Emission sei zwar weiter geplant, "ist derzeit aber nicht unsere oberste Priorität". Ein Börsengang 2012 erscheine unwahrscheinlich. "Die großen Herausforderungen liegen momentan woanders", sagte Kaeser. (APA)