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Notenbankchef Ewald Nowotny (re.) hat den Banken eingeschenkt und strenge Richtlinien fürs Ostgeschäft verordnet. Die Banken unter Spartenobmann Walter Rothensteiner sind wenig begeistert.

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Wien - Der Plan der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und der Finanzmarktaufsicht (FMA), die Kreditvergabe heimischer Banken in Osteuropa künftig stärker zu bremsen, schlägt immer höhere Wellen. Bereits im November, nachdem OeNB und FMA die Maßnahmen angekündigt hatten, beschwerten sich Politiker und Zentralbanker in Osteuropa heftig darüber, dass die Aufseher in Wien ohne vorherige Absprache neue Regelungen bekannt geben. In Budapest wie Bukarest fürchten viele, dass die neuen Bestimmungen das Kreditwachstum und damit die Wirtschaft insgesamt bremsen könnten.

Wie der Standard erfuhr, haben die Einwände nun die EU-Kommission auf den Plan gerufen. Nachdem mehrere osteuropäische Finanzminister Protestschreiben an die EU-Kommission verfasst haben, prüft die Behörde nun die geplante Richtlinie. Anknüpfungspunkt sei eine mögliche Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit, eine der Grundsäulen des EU-Binnenmarktes, hieß es in eingeweihten Kreisen. Konkret geht es um ein Limit, das die Kreditvergabe in wichtigen Fremdmärkten auf 110 Prozent der Einlagen im jeweiligen Land beschränkt. In der österreichischen Notenbank und der FMA wollte sich offiziell niemand zu dem Fall äußern. Bestätigt wurde lediglich eine Anfrage der Kommission, in der diese Klarstellungen zur geplanten Richtlinie eingefordert habe, um sie besser einschätzen zu können.

FMA und OeNB hatten Ende November die Eckpunkte der neuen Richtlinie vorgestellt und angekündigt, die detaillierte Regelung im Dezember zu präsentieren. Wegen des Wirbels musste der Termin verschoben werden.

Aufsehertreffen in Wien

Heute, Mittwoch, findet zunächst ein hochkarätig besetztes Treffen in Wien statt, bei dem 17 Aufseher aus anderen Staaten anreisen, um sich von FMA und Notenbank über die neuen Regelungen informieren zu lassen. Die Zusammenkunft sei eine Folge der "beleidigten Reaktionen" der Osteuropäer, meinte ein Notenbanker zum Standard. Das Treffen findet auf Ebene der Hauptabteilungsleiter statt, war zu hören. Nach der Infoveranstaltung könnte auch die Richtlinie noch im Jänner veröffentlich werden.

Hintergrund der Aktion von OeNB und FMA ist es, Österreichs Triple-A-Rating zu sichern. Nicht zuletzt wegen der Kreditvergaben in Osteuropa ist das Risiko für Österreich größer als für vergleichbare Triple-A-Länder wie die Niederlande und Finnland, schreiben die Rater Fitch, Standard & Poor's und Moody's immer wieder. Die Ankündigung, mit der neuen Richtlinie die Kreditvergabe zu verlangsamen, wurde von den Ratern positiv aufgenommen. Moody's schrieb sogar explizit, dass dies ein wichtiger Beitrag zur Sicherung von Österreichs Bonität darstelle.

Anders haben den Fall aber nicht nur Regierungen in Bukarest und Budapest gesehen. Auch bei der Osteuropabank EBRD gab es Kritik am Alleingang Wiens. Interessant ist, wie dieser überhaupt zustande gekommen ist: Ursprünglich wollten OeNB und FMA nämlich eine freiwillige Selbstverpflichtung der drei Großbanken Raiffeisen, Bank Austria und Erste Group erreichen. Nach einer vorläufigen Einigung hätten die Bankchefs die Unterschrift unter das Abkommen aber verweigert, erzählen Aufseher. Eine Forderung sei gewesen, den Eigenkapitalpuffer von drei auf zwei Prozent abzusenken. Aus Zeitgründen sei der Deal dann geplatzt - FMA und Notenbank reagierten mit einer verbindlichen Richtlinie. (Andreas Schnauder, András Szigetvari, DER STANDARD, Printausgabe, 11.1.2012)