Kabul - Begleitet von der Kritik von Menschenrechtlern hat das afghanische Justizministerium die Kontrolle über die Gefängnisse des Landes dem Innenministerium übertragen. Seine Behörde sei nicht in der Lage, die Sicherheit der Haftanstalten zu gewährleisten, sagte Justizminister Habibullah Ghaleb am Dienstag. Die Polizei sei dieser Aufgabe inzwischen gewachsen. Zugleich rief er die Polizeibeamten auf, "nicht den Schlagstock oder Gewalt" gegen Insassen einzusetzen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte, Gefangene in afghanischen Haftanstalten liefen nun eine größere Gefahr, gefoltert oder misshandelt zu werden. "Wenn alle Häftlinge unter die Kontrolle des Innenministeriums kommen, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, dass Verdächtige bei Verhören unter der direkten Befehlsgewalt der lange in Folter und andere Misshandlungen verwickelten Polizei stehen", hieß es in einer Erklärung. Das afghanische Innenministerium sicherte dagegen zu, die Menschenrechte der Häftlinge zu achten und deren Haftbedingungen zu verbessern.

Im Oktober hatten die Vereinten Nationen nach einer Befragung Hunderter Inhaftierter den afghanischen Sicherheitsbehörden systematische Folter und Misshandlung vorgeworfen. In zahlreichen Gefängnissen des Geheimdienstes NDS und der Polizei würden Insassen mit Methoden verhört, die nach internationalem Recht als Folter gelten, hieß es in einem Bericht der Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA). Dazu gehörten massive Drohungen, Schläge mit Gummischläuchen und Stromkabeln, Elektroschocks und das Herausreißen von Zehennägeln.

Präsident Hamid Karzai hatte die Übergabe des Strafvollzuges an das Innenministerium vergangenen Monat angeordnet. Er reagierte damit auf die Flucht Hunderter Gefangener - darunter auch zahlreiche Taliban-Kommandeure - aus einer Haftanstalt in der Unruhe-Provinz Kandahar im April 2011. (APA)