Begründer der Befreiungstheologie
Der Theologe gilt als einer der Begründer und als wichtigster Vertreter der Befreiungstheologie. Mit dieser vom Vatikan kritisch beurteilten Strömung reagierten lateinamerikanische Theologen seit den sechziger Jahren auf die wachsenden sozialen Missstände auf dem Subkontinent. Gutierrez' erstmals 1971 erschienenes und in zahlreiche Sprachen übersetztes Buch "Theologie der Befreiung" gab der Bewegung ihren Namen. Derzeit arbeitet er an einem Buch über die geschichtlichen Hintergründe und die bleibende theologische Relevanz der "Option für die Armen".
Der 1928 geborene Gutierrez studierte in Lima, Löwen und Lyon Medizin, Philosophie, Psychologie und Theologie. Lange Zeit war der Priester als Professor für Theologie und Sozialwissenschaften an der Katholischen Universität in Lima tätig. Gutierrez bemühte sich mit der "Theologie der Befreiung" um Antworten auf die Unterdrückung und Entrechtung der Menschen.
Keine Konsequenzen
Während Rom Mitte der achtziger Jahre gegen die Theologen Leonardo und Clodovis Boff vorging und ihnen die Lehrerlaubnis entzog, lehnte die Peruanische Bischofskonferenz 1984 mit Stimmengleichheit ein Vorgehen gegen Gutierrez ab. Ab 1990 wurde sein theologisches Werk von der vatikanischen Glaubenskongregation und den peruanischen Bischöfen untersucht, ohne dass es zu Konsequenzen kam. Er selbst räumte durchaus "Übertreibungen, sogar einige Irrtümer" der Theologie der Befreiung ein und distanzierte sich in den vergangenen 20 Jahren wiederholt vom Marxismus. In Lima gründete er 1975 das Studienzentrum "Instituto Bartolome de Las Casas".