Wien - Rauchfreier Tabak ist in der EU seit 1992 verboten, das Verbot wurde zuletzt in Art. 8 der Richtlinie 2001/37/EG bekräftigt. Bloß in Schweden, das damals noch kein EU-Mitglied war, ist der Konsum von "Snus" weit verbreitet. Dieser rauchfreie Tabak wird zwischen Oberlippe und Zahnfleisch gesteckt und führt dort direkt Nikotin in die Blutbahn zu. Beim EU-Beitritt 1995 hat Schweden eine Ausnahmeregelung erwirkt, damit das seit 200 Jahren beliebte Produkt, das von rund einem Fünftel der schwedischen Männer konsumiert wird, weiter im Umlauf bleiben kann.

Swedish Match, der größte Snus-Hersteller, kämpft nun um die EU-weite Aufhebung des Verbotes, das laut Meinung vieler Gesundheits- und Rechtsexperten keine sachliche Grundlage hat. Aktuelle medizinische Studien zeigten, dass schwedische Männer nur halb so hohe Lungenkrebsraten hätten wie Deutsche, während bei schwedischen Frauen, die kaum zu Snus, sehr wohl aber zur Zigarette greifen, kein Unterschied zu sehen sei.

Snus, so die Befürworter einer Freigabe, könnte Rauchern den Ausstieg erleichtern. Sorgen, dass es eine Einstiegsdroge für den Tabakkonsum sein kann, wird von schwedischen Studien nicht belegt. Auch Michael Kunze, Vorstand des Instituts für Sozialmedizin an der Universität Wien, stellte auf einem Symposium über "Rauchen & Recht" des Österreichischen Instituts für Rechtspolitik in Salzburg die Sinnhaftigkeit des Verbotes infrage.

Gewartet wird nun auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), der im November 2002 von einem westdeutschen Gericht zu einer Vorabentscheidung aufgefordert wurde. Geprüft wird, ob das Snus-Verbot gegen das Prinzip des freien Warenverkehrs, der Nichtdiskriminierung und der Proportionalität verstößt. (ef, Der Standard, Printausgabe, 10.06.2003)