Innsbruck - Vor zehn Jahren hat das Jugendzentrum Z6 das erste Tiroler Streetworkprojekt ins Leben gerufen, Zielgruppe des einzigen Streetworkers waren damals vor allem ausländischstämmige Jugendliche. Derzeit arbeiten fünf Sozialarbeiter (drei Frauen, zwei Männer) je 32 Wochenstunden mit Jugendlichen, "deren Lebensmittelpunkt die Straße ist" und deren Alltag von "akuter Wohnungslosigkeit oder prekären Wohnverhältnissen, Gewalt, Drogen gekennzeichnet ist".

Geschäftsführerin Verena Ruetz erzählt von wesentlichen Veränderungen der Szene in den vergangenen Jahren. Jene der Punks habe sich weitgehend aufgelöst, zum Teil aufgerieben durch Vertreibungsaktionen und Querelen mit der Polizei.

"Unauffällige Einzelpersonen"

Gegenwärtig gebe es keine Gruppen, sondern "unauffällige Einzelpersonen", deren Aufenthaltsorte nicht mehr vorwiegend der Bahnhof, sondern Einkaufszentren und die umliegenden Parks seien. Wesentlich ist aus der Sicht von Ruetz auch die "Entpolitisierung der jugendkulturellen Gruppen".

Zu etwa 80 Jugendlichen haben die fünf Streetworker und Streetworkerinnen engen Kontakt, geschätzt 150 leben unter den geschilderten Bedingungen derzeit in Innsbruck. Unter den betreuten Jugendlichen seien etwa gleich viele Mädchen und Burschen, wobei Erstere eher konkrete Beratung suchen, während Burschen meist erst nach einem längeren Kontakt auch über Probleme reden würden.

Erleichtert wird der Kontakt durch ein seit vier Jahren bestehendes Büro in einem Viaduktbogen. Grundlage der Arbeit sind Freiwilligkeit, eine akzeptierende Haltung, Vertraulichkeit und Parteilichkeit.

"Unverzichtbar"

Während Soziallandesrätin Christa Gangl (SP) hinter diesem Konzept steht und die Arbeit als "unverzichtbar und fruchtbringend" lobt, ist der Innsbrucker Sozialstadtrat Eugen Sprenger (VP) "nicht immer sehr zufrieden". Er wünscht sich weniger anwaltliche Tätigkeit und dafür eine engere Kooperation der Streetworker mit dem Jugendamt.

Das von Sprenger formulierte Ziel, "junge Menschen in geordnete und stabile Verhältnisse", einschließlich "Wohnen und Arbeiten", zu begleiten, ist für das Team von Ruetz "vielleicht in sechster Linie relevant". Auf der Straße gehe es vor allem darum, "das Überleben zu sichern". Und: "Wir haben den Jugendlichen nicht zu sagen, was sie zu tun haben." (hs/DER STANDARD, Printausgabe, 10.6.2003)