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Mindestens fünf Prozent der Österreicher leiden in der dunklen Jahreszeit stark an Depressionen. Die Lichttherapie kommt immer häufiger zum Einsatz.

Foto: REUTERS/Thierry Roge

Wien - Eine Erfolgsstory: Die Lichttherapie wird in fast 70 Prozent der psychiatrischen Abteilungen in Krankenhäusern in Österreich, Deutschland und der Schweiz zur Behandlung von Patienten mit saisonabhängigen Depressionen eingesetzt. 1994 waren es noch weniger als 20 Prozent. Das hat eine Umfrage ergeben, die von Experten der Universitätsklinik für Psychiatrie der MedUni Wien am AKH durchgeführt wurde.

"Die erste Publikation dazu gab es im Jahr 1981. Der Amerikaner Herbert Kern war der erste, der auf diese Weise behandelt wurde. 1984 gab es dann die erste systematische Untersuchung", sagte Siegfried Kasper, Leiter der Klinischen Abteilung für Biologische Psychiatrie an der Wiener Universitätsklinik.

Der Psychiater erforschte diese Form der Behandlung - die Patienten setzen sich dabei regelmäßig vor Tageslicht-Bänke - bereits 1986 bis 1988 am nationalen Institut für mentale Gesundheit in Bethesda im Bundesstaat Maryland. 1994 führte er in Deutschland eine erste Umfrage durch. Kasper: "Damals verwendeten noch weniger als 20 Prozent der Abteilungen diese Form der Therapie." Exakt waren es damals gar nur 13 Prozent. Jetzt haben die Wiener Wissenschafter eine solche Umfrage mit Ausweitung auf Österreich und die Schweiz wiederholt. Die Ergebnisse haben sie vor kurzem in den "European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience" publiziert.

Etablierte Lichttherapie

Demnach ist die Lichttherapie in 69,8 Prozent der psychiatrischen Abteilungen etabliert. 35,5 Prozent verwenden die Lichttherapie für stationär aufgenommene Patienten mit "Winterdepressionen", 4,3 Prozent für Prozent für ambulant Behandelte und 29,6 Prozent für beide Patientengruppen. Kasper: "Das wichtigste Anwendungsgebiet sind diese saisonalabhängigen Depressionen. Es gibt aber auch noch mehrere andere Anwendungsgebiete. Dort ist aber noch Forschungsbedarf gegeben."

Der Psychiater und sein Team haben erst vor kurzem nachgewiesen, dass die verminderte Lichteinstrahlung in den finsteren Wintermonaten tatsächlich psychische und physische Veränderungen auslösen kann: Bei reduziertem Licht funktioniert der Serotonin 1A-Rezeptor, der als Andockstelle an die Nervenzelle dient, nämlich wesentlich schlechter - ähnlich wie bei Depressionen oder Angststörungen. Das wird offenbar durch die Lichttherapie ausgeglichen. Laut der neuen Umfrage wird die Lichttherapie auch immer häufiger in Kombination mit Antidepressiva verwendet. Die Kurve - was die Häufigkeit der Verwendung dieser Behandlungsform betrifft - geht weiter deutlich nach oben.

Antriebslosigkeit und chronische Müdigkeit

Mindestens fünf Prozent der Österreicher leiden in der dunklen Jahreszeit stark an Depressionen. 17 Prozent sind weniger stark betroffen. Je weiter man nördlich auf dem Erdball kommt, desto häufiger wird die Herbst- und Winterdepression. Das haben Studien in den USA und in Japan eindeutig ergeben. Manche Betroffene beginnen daran bereits Anfang September zu leiden. Wirklich relevant wird das dann im Oktober und November. Antriebslosigkeit, chronische Müdigkeit und Schlafstörungen sind die Hauptsymptome.

Im Rahmen der Lichttherapie setzen sich die Patienten täglich vor eine spezielle Lichtbank. Bei einer Lichtstärke von 10.000 Lux genügt pro Tag eine halbe Stunde, bei 3.000 Lux sind es 2,5 Stunden. Die Lichttherapie wirkt über die Retina (Netzhaut, Anm.). Der Effekt tritt schneller als bei der medikamentösen Therapie ein. Er zeigt sich schon nach rund drei Tagen und ist etwa so stark wie jener von modernen Antidepressiva. (APA)