Klagenfurt - Roznik, ein slowenischer Bär, wagte es, im Mai 2009 die Karawankengrenze zu überschreiten und nach Kärnten auszuwandern. Das dürfte sein Todesurteil gewesen sein. Das dreijährige, streng geschützte Männchen aus einem Wiederansiedlungsprogramm, ausgestattet mit einem Peilsender, wurde kurz danach im Gemeindegebiet von Eisenkappel / Z elezna Kapla mittels Herzschuss erlegt. Der Wilderer entsorgte Roznik Tage später, nachdem er ihn vermutlich in einer Kühlkammer aufgehängt hatte, auf slowenischer Seite in einem Bachbett - enthauptet, gehäutet und ohne Tatzen.

Fleischer vor Gericht

Als mutmaßlicher Bärentöter musste sich ein Fleischer aus Eisenkappel vor Gericht verantworten. Am Mittwoch sprach ihn Richterin Michaela Sanin frei - aus Mangel an Beweisen. Dabei war die Beweiskette aus Sicht von Staatsanwalt Franz Simmerstatter fast lückenlos gewesen: Der Bär wurde fachgerecht geschossen, zerteilt, und im Kofferraum des Angeklagten fand man Faserspuren der Decke, in der der tote Roznik abtransportiert worden war. Auch verwickelte sich der Angeklagte in Widersprüche um seinen Aufenthalt zur Tatzeit, und Teile seiner Familie beschuldigten den Fleischer.

Letztlich konnte ihm die Tat aber nicht bewiesen werden. Das Fell des Bären wurde nie gefunden, die DNA-Ergebnisse haben angeblich keine belastenden Ergebnisse gebracht. Auch sei die Familie des Angeklagten heillos zerstritten, ihren Zeugenaussagen daher kein wesentlicher Wert beizumessen. "Also war der Angeklagte im Zweifel freizusprechen", sagte Richterin Sanin.

WWF über Urteil enttäuscht

Der World Wide Life Found (WWF) ist über das Urteil enttäuscht. "Es ist unfassbar, dass es in Österreich, das so stolz auf sein Umweltbewusstsein ist, möglich ist, sich ungestraft über Naturschutz- und Jagdgesetze hinwegzusetzen und streng geschützte Tierarten abzuschießen", reagierte WWF-Bärenexperte Christian Pichler geschockt. Zwar würde man das Bemühen der Staatsanwaltschaft und der Ermittler sowie des Kärntner Landesjagdverbandes anerkennen, so der WWF. "Das Ergebnis ist aber ernüchternd und ein völlig falsches Signal an Menschen, die das Jagdrecht möglicherweise nicht so ernst nehmen", sagt Pichler. Kärnten sei das wichtigste Gebiet für die Wiederbesiedlung der Alpen durch den Braunbären. Im Alpenraum werden derzeit nur etwa 45 Braunbären vermutet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (stein, DER STANDARD Printausgabe, 12.1.2012))