Wien - Die Geheimnistuerei der Regierung grenzt mitunter an Paranoia. Selbst Verhandlungsorte werden strikt geheimgehalten, Insider sprechen sogar von falschen Fährten, die gelegt würden: Tagungsräume seien gebucht und kurzfristig wieder storniert worden, um Kiebitze zu übertölpeln. Wer offiziell nach konkreten Spar- und Steuerplänen fragt, erntet lediglich höfliche, aber dürre Hinweise auf "konstruktive Gespräche". Dennoch zeichnen sich gemeinsame Nenner ab, basierend auf informellen Informationen.

  • Immobiliensteuern Dass die Koalition Steuern erhöhen wird, steht nicht erst fest, seit ÖVP-Chef Michael Spindelegger dies zugegeben hat - er will in den Augen der Wähler nur nicht daran schuld sein. Heißer Tipp sind Steuern auf die Gewinne aus Verkauf und Umwidmung von Immobilien, zu denen auch manche Schwarze "freundliche Nasenlöcher" (ein SPler) machen. Die Kanzlerpartei erhofft sich 600 Millionen und könnte dafür auf die allgemeine Vermögenssteuer verzichten, die an praktischen Problemen - Bankgeheimnis! - krankt. Chancen hat auch eine Erhöhung der Grundsteuer, indem die sogenannten Hebesätze aufgestockt werden.
  • Reichensteuer Noch eine Steuer, die auch schwarze Anhänger hat: Ein höherer Spitzensteuersatz könnte einen dreistelligen Millionenbetrag bringen - bei einem Fünf-Prozent-Zuschlag auf Jahreseinkommen über 200. 000 Euro rund 200 Millionen, in softeren ÖVP-Modellen deutlich weniger. Die Anhebung würde überdies, so wird in der SPÖ spekuliert, Spielraum an anderer Stelle eröffnen: Weil die Kapitalertragssteuer maximal die Hälfte des Spitzensteuersatzes betragen darf, könnte selbige dann mit einfacher Mehrheit angehoben werden. Jedoch wäre ein Aufschrei des Boulevards gegen die "Sparbuchsteuer" sicher.
  • Urlaubs- und Weihnachtsgeld Kanzler Faymann hält im Verein mit der Gewerkschaft am Steuerprivileg des 13. und 14. Monatsgehalts, das Gutverdiener bevorzugt, fest, doch viele Stimmen widersprechen ihm. Möglicher Kompromiss: Erst ab einer gewissen Einkommensgrenze wird der Steuersatz von derzeit sechs Prozent angehoben, wie es vor Jahrzehnten schon der Fall war.
  • Public Bads Höhere Steuern auf Mineralöl, Alkohol und/oder Tabak sind ein bewährter Bringer für das Budget. Im internationalen Vergleich gibt es noch Spielraum.
  • Gesundheitsreform Zumindest das Ziel steht fest: Die Regierung wird eine Art Schuldenbremse einführen, um den Kostenanstieg bei den Spitälern mit dem Wirtschaftswachstum zu begrenzen. Seit 2003 stiegen die jährlichen Ausgaben durchwegs stärker als das Bruttoinlandsprodukt. In den für die Spitäler zuständigen Ländern regt sich aber Widerspruch.
  • Beamte Die öffentliche Hand plant eine Art Aufnahmestopp. Das ursprüngliche Vorhaben, bis 2015 nur mehr jede zweite Planstelle nachzubesetzen, wird verschärft. Neubesetzungen soll es nur mehr dort geben, wo sie unverzichtbar sind. Laut Kanzler Faymann soll die Bremse bereits heuer greifen, es sei möglich, mit etwa 1000 Beamten weniger pro Jahr auszukommen. Ausnahmen soll es für Lehrer, Polizisten und Staatsanwälte geben. Das ursprüngliche Einsparungsziel von 300 Millionen Euro könnte damit übertroffen werden.
  • Pensionen Ausgangsbasis ist ein Konzept der Sozialpartner, das auf Prävention und (verpflichtende) Rehabilitation setzt, um die Zahl der Invaliditätspensionen zu senken. Während es die Gewerkschaft dabei belassen will, fordert die ÖVP deutlich mehr. Für die Anhebung gewisser Zu- und Abschläge gibt es auch in der SPÖ Verständnis: Es sei absurd, wenn die Frühpension mitunter lukrativer sei als Weiterarbeiten. Umgekehrt könnte die ÖVP Strafen für Firmen, die ältere Arbeitnehmer rausschmeißen, akzeptieren.
  • Subventionen Sowohl SPÖ als ÖVP wollen querbeet Förderungen kürzen. Es deutet sich an, dass sowohl schwarze (Bauern), als auch rote Klienten (Eisenbahner) Federn lassen müssen - sofern man die ÖBB-Finanzierung zu den Subventionen zählen will.
  • Studiengebühren Die ÖVP ist dafür, und auch in der SPÖ gibt es Anhänger. Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller sieht sogar eine schweigende rote Mehrheit für eine Wiedereinführung. Faymann zeigt sich zwar diskussionsbereit, fürchtet aber die Rache des Archivs: Er hat wiederholt Studiengebühren ausgeschlossen - und achtet penibel darauf, dass ihm kein Umfaller vorgeworfen werden kann. (Gerald John/ Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 12.1.2012)