Christoph Kraus

Foto: Kathrein Bank

Wien - So manche Stiftung in Österreich hat bisher offenbar keinen einzigen Euro an Steuern bezahlt. Diesen Schluss lassen aktuelle Statistiken über die Stiftungsneugründungen zu. Wie vom STANDARD berichtet, gab es laut Finanzministerium im Vorjahr 121 neue Stiftungen, insgesamt wird die Zahl mit 3208 angegeben.

Der Verband der Österreichischen Privatstiftungen erklärte am Mittwoch allerdings, die Zahl der im Firmenbuch eingetragenen neuen Privatstiftungen sei von 2010 auf 2011 nur um 27 gestiegen - auf nun 3309.

Wie diese Diskrepanz zu erklären ist? In den Daten des Finanzministeriums tauchen nur jene Stiftungen auf, die auch tatsächlich Steuern bezahlen. Wenn nun diese Zahlen deutlich stärker steigen als die Eintragungen im Firmenbuch, könnte es sich also um Stiftungen handeln, die bisher steuerfrei waren, es nun aber nicht mehr sind.

Neue Belastung

Eine mögliche Erklärung dafür: Liegenschaftsgewinne werden, sofern der Stifter eine juristische Person ist, erst seit Anfang 2011 besteuert. Davor waren diese Gewinne steuerfrei. Im Finanzministerium hält man es aber auch für möglich, dass bei so mancher Stiftung die Gemeinnützigkeit weggefallen sein könnte. Gemeinnützige Stiftungen unterliegen nämlich ebenfalls nicht der Steuerpflicht.

Und noch ein dritter Effekt könnte laut dem Büro von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) zur deutlich steigenden Zahl an steuerpflichtigen Stiftungen beigetragen haben: Die Meldepflicht, wer Begünstigter einer Stiftung ist, wurde im Vorjahr verschärft. Das Finanzministerium will nun jedenfalls eine detaillierte Analyse zur Stiftungsentwicklung durchführen.

Christoph Kraus vom Stiftungsverband liest aus der geringen Neugründungszahl laut Firmenbuch heraus, "dass sich die oftmaligen steuerlichen Verschlechterungen und die dadurch bedingte Rechtsunsicherheit unmittelbar ausgewirkt haben". Freilich hatte man vor den 2010 beschlossenen verschärften Steuergesetzen davor gewarnt, dass es zu Abwanderungsbewegungen kommen könne. Die mit einer Stiftungsauflösung verbundenen hohen Kosten würden viele aber von diesem Schritt abhalten, meint Interessenvertreter Kraus. (Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.1.2012)