Trotz aller Spannungen haben sich die Beziehungen zwischen Taipeh und Peking zuletzt - vor allem wirtschaftlich - deutlich verbessert: Für die 40 Tage Reisezeit zum Frühlingsfest und zu Chinas Neujahr wird etwa die Flugfrequenz zwischen dem Festland und Taiwan fast verdoppelt, von derzeit 521 Flügen pro Woche auf 933 Flüge. Millionen Taiwaner sollen das Neujahrsfest mit ihren Verwandten auf dem Festland feiern, zugleich werden rund 200.000 chinesische Touristen Urlaub auf Taiwan machen dürfen. Längst ist solches Hin-und-her-Reisen völlig normal geworden. Seit Jahren leben hunderttausende Taiwaner auf dem Festland. Zum Stichtag der jüngsten Volkszählung am 1. November 2010 wurden 170.283 taiwanische Bürger mit festem Wohnsitz in der Volksrepublik registriert. Vermutlich sind es doppelt so viele.

Unternehmen aus Taiwan haben nach Berechnungen des Unternehmensverbandes in Taipeh seit 2001 rund 200 Mrd. US-Dollar in zehntausende Projekte und Fabriken Chinas investiert. Einige Konzerne wie der Elektronikhersteller Foxconn beschäftigen allein 1,3 Millionen Arbeiter in China. Von Jänner bis November 2011 investierten Taiwans Unternehmer weitere 12,4 Mrd. US-Dollar in der Volksrepublik. Umgekehrt dürfen festlandchinesische Unternehmer seit 2009 auf Taiwan investieren. Bisher setzten sie dort rund 175 Mio. Dollar in 200 Projekten um.

Chinas Markt nimmt heute ein Drittel aller Exporte Taiwans auf. 2011 schloss China ein bilaterales Freihandelsabkommen mit Taiwan, das den Zollabbau für dessen Exporte regelt und Taiwans Hersteller im Wettbewerb mit den Asean-Ländern wettbewerbsfähig macht. Seit 1. Jänner 2012 hat Peking die zweite Phase des Zollabbaus für seinen Import von Taiwans Gütern und Dienstleistungen eingeläutet. 13,84 Millionen Passagiere nutzten zudem zwischen 2009 und 2011 den direkten Flugverkehr - drei Millionen davon waren festlandchinesische Touristen. (Johnny Erling aus Peking/DER STANDARD, Printausgabe, 12.1.2012)