Peking/Washington - Die Zeitung der chinesischen Volksbefreiungsarmee hat starke Worte für die neue US-Militärstrategie gefunden: Diese, schrieb das Blatt am Dienstag, sei nur darauf aus, den politischen und wirtschaftlichen Aufstieg Chinas einzudämmen. "Ist das nicht die Wiederkehr einer Kalter-Krieg-Mentalität?" , fragte Generalmajor Luo Yuan in seinem Kommentar. Pekings Gegenmaßnahmen würden jedenfalls Wachsamkeit und "schlaue Diplomatie" sein, und nicht Panik.

Luo gilt als Falke in den chinesischen Streitkräften. Dass sein Artikel so prominent erscheint, lässt laut Chinabeobachtern auf eine bestimmte Unterstützung für diese Position auch in der Politik schließen. Am Montag hatte auch das Pekinger Verteidigungsministerium erklärt, die USA sollten "vorsichtig bei ihren Worten und Aktionen" sein.

Mit ihrer Strategie konzentrieren sich die USA stärker auf eine neue Bedrohung, die namentlich nicht genannt wird. Aber klar ist, dass China gemeint ist. Jahrzehntelang schien vor allem ein potenzieller Krieg um Taiwan die Hauptsorge zu sein. Doch haben sich weitere Krisenherde angesammelt. Mit Japan streitet China um Rohstoffvorkommen im Ostchinesischen Meer. Ein Territorialkonflikt mit Vietnam, den Philippinen und anderen Nachbarn dreht sich um die Spratley-Inseln im Südchinesischen Meer, wo ebenfalls Gas und Öl vorkommen sollen.

Vor Jahren reichte es, wenn die USA ihre Flugzeugträgergruppen losschickten, um den Chinesen die Grenzen aufzuzeigen. So war es etwa in der Taiwankrise 1996 als Reaktion auf chinesische Raketentests, die Taiwans Wähler einschüchtern und von der Wahl eines Präsidenten abhalten sollten, der Peking nicht genehm war. Heute verfügt Chinas Marine über moderne U-Boote. Auch hat es neue Raketen wie die Ostwind DF-21D entwickelt, die in der Lage sein sollen, ein Marineschiff in 1700 Kilometer Entfernung zu treffen. China baut zudem eigene Flugzeugträger und Bomber, die für das Radar schwer auszumachen sind. (red/DER STANDARD, Printausgabe, 12.1.2012)