Das in Wien und Berlin beheimatete Quartett Luise Pop veröffentlicht sein zweites Album, "Time Is A Habit".

Foto: Siluh

LUISE POP Time Is A Habit (Siluh/Trost)

Das zwischen Wien und Berlin in der Lo-Fi-Bohème angesiedelte Duo Vera Kropf und Lisa Berger hat nach seinem heimlichen Welthit Feminist Terrorists nach dem Abgang des Dauergasts Andreas Spechtl von Ja, Panik am Schlagzeug auf ein fixes Quartettformat aufgestockt und ihre zickigen wie immer leicht verschlurft-hängeschultrigen New-Wave-Neusichtungen auf eine solidere Rhythmusbasis gestellt. Dass ihr zweites, beim sympathischen Wiener Label Siluh erschienenes Album Time Is A Habit allerdings trotz aller Sympathiewerte eine gewisse Stumpfheit in Sachen Produktion aufweist, schadet der sehr wahrscheinlichen Intention, rattenscharf zu klingen doch erheblich. Aufgenommen hat Thomas Pronai von den retrogardistischen burgenländischen Formationen Beautiful Kantine Band und Bo Candy And His Broken Heart. Vor allem die absurd knödelige Bassabmischung und jeglicher Verzicht auf ein Raumgefühl sorgen für ein bedrückendes Völlegefühl in der Mitte. Und ob es wirklich eine gute Idee ist, in Hinblick auf den imaginierten internationalen Markt englische Texte weit in den Vordergrund gemixt zu intonieren, wenn man das Englischsingen und das Englischtexten möglicherweise gar nicht so gut kann, bleibt angesichts zahlloser anderer aktueller Beispiele aus der heimischen Bandszene einmal mehr dahingestellt. Die teilweise von der Melodie und Struktur her sehr, sehr guten Lieder von Luise Pop wie Black Cat, Desperate Times oder The Roaring Breeze hätten sich jedenfalls Besseres verdient. Andererseits dürfte es schwerfallen, Songs vor ihren Komponisten zu schützen. Dieses Mal gibt es leider kein Foto. Das nächste Album wird besser!

ELOUI Chasing Atoms (Ernesty Music Group / Hoanzl)

Die in Wien lebende Schweizer Musikerin Eloui war unter anderem für Bands wie Ernesty International, M185 oder die großartige Dröhnrock-Bigband Thalija hauptsächlich als Bassistin tätig. Auf ihrem Solodebüt Chasing Atoms versucht sie sich mit einer Kleinbusladung an Instrumenten zwischen aufgeregt fiepsender und klingelingelnder elektronischer Songwritersanftmut und folkiger Wandergitarrenversponnenheit, wie sie in US-amerikanischen Krankenhausserien nicht ungut auffallen würden, wenn dort jemand mitgeteilt bekommt, dass er leider nicht krankenversichert ist und deshalb jetzt drei Millionen Dollar für seine Blinddarmoperation aus eigener Tasche zahlen muss. Das ist nicht negativ gemeint! Gesanglich bewegt sich Eloui im Lande des verzückten, beseelten Hauchens, rhythmisch schmoovt sie Richtung klassischer TripHop, wie er bei Kiffern, Kaffeesiedern und Friseuren beliebt ist. Man kann der Frau also auf jeden Fall kommerzielles Potenzial bescheinigen. Vor allem im Mittelteil des Albums und in Songs wie Too Loud, Grass Stained oder Waltz For Me sind starke Momente enthalten.

NEUSCHNEE Bipolar (Problembär/Hoanzl)

Die Wiener Band um Hans Wagner singt zwar in jenem bundesdeutschen Idiom, dessen sich auch Christina Stürmer befleißigt. Die zwischen kammermusikalischen Streicherpopklängern und Elektro-Funk angesiedelten, vertrackten und eigenbrötlerischen Stücke, etwa der "Hit" Sag mir nicht mit dem Rapper Parkwächter Harlekin als Gast überzeugen allerdings mit einem in Österreich lange nicht gehörten Alleinstellungsmerkmal: Diese Leute sind wahnsinnig. (schach  / DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2012)