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Dietrich Birnbacher geht unsicheren Zeiten entgegen.

Foto: APA/eggenberger

Wien - Die Entscheidung über den Fortgang der sogenannten Causa Birnbacher dürfte der Justiz einiges Kopfzerbrechen bereiten. Dem Vernehmen nach hat die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ihren Vorhabensbericht schon vor etlichen Wochen via Oberstaatsanwaltschaft ans Justizministerium weitergereicht - eine endgültige Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. In der Causa geht es um das Sechs-Millionen-Euro-Honorar, das der Villacher Wirtschaftsprüfer Dietrich Birnbacher für sein Engagement beim Verkauf der Kärntner Hypo an die BayernLB von der Kärntner Landesholding (KLH) kassierte. Der vom Staatsanwalt beauftragte Gerichtssachverständige, Frank A. Schäfer, geht davon aus, dass das Honorar ums Dreißigfache überhöht war. Angemessen gewesen wären demnach 200.000 Euro.

Aus wohlinformierten Juristenkreisen ist zu hören, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen alle vier Beschuldigten - die zwei KLH-Chefs, Birnbachers Auftraggeber und KLH-Aufsichtsratschef ÖVP-Landesrat Josef Martinz sowie Birnbacher selbst (Verdacht der Untreue bzw. Beihilfe dazu) - erheben will. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe seit jeher (ein früheres Ermittlungsverfahren hat die Kärntner Justiz eingestellt), es gilt die Unschuldsvermutung.

Übergutachten am Tisch

Was die Anklage laut einem Involvierten "sehr riskant" macht, ist das Faktum, dass die Beschuldigten bzw. die KLH jede Menge entlastender Privatgutachten auf den Tisch gelegt haben. Eines davon zerreißt das Gutachten des Gerichtssachverständigen in der Luft - und seit 12. Dezember liegt nun auch die Expertise von "Übergutachter" Waldemar Jud vor.

Der Grazer Universitätsprofessor (Unternehmens- und Wirtschaftsrecht) wurde vom Aufsichtsrat der Landesholding Ende September beauftragt. Er musste alle Gutachten vergleichen, das "Vorgehen des Vorstands" und "Verhalten des Aufsichtsrats" beurteilen bzw. bewerten und auch die Frage einer Rückforderung des Honorars erörtern.

77 Seiten hat Juds Wiener Unternehmensforschungs GmbH Mitte Dezember abgeliefert: als "Ergebnisse unseres diesbezüglichen Forschungsprojektes", wie Jud in seinem Begleitbrief schrieb.

Was die Sache juristisch so kompliziert macht: Auftraggeber Birnbachers waren Landeshauptmann Jörg Haider und Josef Martinz persönlich. Bezahlt hat das mit 1,5 Prozent des Verkaufserlöses vereinbarte Honorar dann aber die KLH. Sie hatte freilich erst bei Rechnungslegung des Wirtschaftsprüfers von dessen Involvierung im Jahr 2007 erfahren und erst nach Einholung etlicher Gutachten bezahlt. Das ist für die Beurteilung beim Tatbestand der Untreue von großer Bedeutung.

Die Kernaussagen aus Juds Forschungsprojekt in Kärnten fallen nicht rasend überraschend aus. "Eine Sorgfaltspflichtverletzung ... wurde im Zusammenhang mit der Causa Birnbacher weder von einem Mitglied des Vorstands noch von einem ... des Aufsichtsrats begangen", so Jud. Die Frage, ob der Vorstand im April 2008 eine "schlechte Vereinbarung" mit Birnbacher (der von Haider und Martinz angesichts des Verkaufserlöses eigentlich zwölf Mio. Euro verlangen konnte) getroffen hat, verneint der Uni-Professor.

Verteuerung möglich

Und was wäre mit Vertragsanfechtung und Rückforderung des Geldes, was die Kärntner immer wieder thematisieren? "Nicht zweckmäßig", findet der Privatgutachter, das könnte die Sache nämlich noch teurer machen. In dem Fall hätte Birnbacher laut Jud "wieder seinen Honoraranspruch gegen Haider (seine Erben) und Martinz (1,5 Prozent, Anm.)", die wiederum das Land zur Kasse bitten könnten. Summa summarum könnte der Anspruch Birnbachers dann "weit höher liegen als die ... sechs Mio. Euro". (Renate Graber, DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2012)