Die Authentizität des abscheulichen Films war Donnerstag vom Pentagon vorerst nicht bestätigt worden. Und Vorsicht ist in der Bewertung der Bilder in der Tat geboten. Ein ähnlicher Videovorwurf - britische Soldaten im Irak wurden beim Urinieren auf Tote gezeigt - stellte sich vor einigen Jahren als Fälschung heraus. Was sich aber auch ohne Gewissheit über die Videoherkunft sagen lässt, ist, dass es in den US-Streitkräften zu einer Verrohung gekommen ist, die eine neue Qualität erreicht hat.
Die Gefangenenfolterer von Abu Ghraib. Todesschwadronen in Afghanistan, die aus schierer Mordlust Zivilisten umbringen. Helikopterpiloten, die ihren tödlichen Beschuss im Irak per Funk hämisch kommentieren. All diese Episoden der vergangenen Jahre zeigen, wie entmenschlicht manche GIs inzwischen selber sind, weil ihnen eingedrillt wurde, ihre Gegner eben nicht als Menschen, sondern bestenfalls als Zielscheiben wahrzunehmen.
Genau das ist wohl nötig, um Rekruten ihre Tötungshemmung abzutrainieren. Dass solche Maschinen dann Dinge tun, zu denen Tiere nie fähig wären - und die, das nur nebenbei, von der Genfer Konvention verboten sind - muss aber keine zwangsläufige Konsequenz sein. Es gibt auch Soldaten, die sich so etwas wie Ehrgefühl bewahrt haben. Diesen ist es wohl auch zu verdanken, dass derlei Abscheulichkeiten, die fraglos auch in anderen Heeren vorkommen, in den USA veröffentlicht und bestraft werden. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.1.2012)