In diesem Fall liegt das sonst mit Vorsicht zu genießende Volksempfinden richtig: Drei Viertel der Leute glauben, dass im Gesundheitswesen die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut - und beschreiben damit exakt ein System, in dem aneinander vorbeigewirtschaftet wird.

Überkapazitäten existieren da ebenso wie Unterversorgung. Krankenhäuser in Steinwurfweite machen einander Konkurrenz, es gibt zu viele Spitalsbetten, aber zu wenige ortsnahe Ordinationen und Fachärzte in Spezialbereichen. Patienten werden hin- und hergeschickt, doppelt behandelt, mit Bürokratie belästigt und, und, und.

Logische Konsequenz wäre eine schonungslose Zentralisierung inklusive Entmachtung der für die Spitäler zuständigen Bundesländer. Zwar sind die mancherorts gestarteten Reformen löblich, packen das Problem aber nicht an der Wurzel. Österreich wäre überschaubar genug, um mit einer Hand Leistungen und Angebote zu verteilen, statt neun Länder und noch mehr Krankenkassen gegeneinander werken zu lassen. Wer den Bürgern das Steuergeld abknöpft, sollte auch bestimmen, wofür es ausgegeben wird.

Angesichts der realen Machtverhältnisse, die SPÖ- und ÖVP-Chef von ihren Landesparteien abhängig machen, ist das jedoch wie der Traum vom warmen Eislutscher. Schon eine zentrale Koordinierung mit Sanktionsmechanismen wäre da eine Revolution. Gelingt sie nicht, wird auch diese Regierung ihren hehren Sparzielen nachrennen. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.01.2012)